Newsletter 2/2022 Datum: Newsletter Juni 2022
Liebe Leserinnen und Leser,
bunte Graffiti-Kunst, schlaue Reime beim Hip-Hop, geschickte Jonglage und kreative Bastelaktionen – „Kultur macht stark“ ermöglicht Kindern und Jugendlichen vielfältige kulturelle Erfahrungen. In den Workshops und Ferienaktionen der durch „Kultur macht stark“ geförderten Bündnisse für Bildung geht es neben künstlerischen Aktivitäten um noch viel mehr: Kinder und Jugendliche setzen sich mit Genderrollen auseinander, reflektieren Identitätsfragen wie etwa die nach der der ethnischen Herkunft, sie thematisieren Fluchterfahrungen und gesellschaftliche Vielfalt, diskutieren Regeln des Miteinanders und loten die Chancen der Inklusion aus. Die Teilnehmenden sind beim Abschluss der Projekte nicht nur stolz auf das Erarbeitete, sie fühlen sich in einer Gruppe angenommen, haben auf persönlicher Ebene dazugelernt und an Selbstbewusstsein gewonnen.
Programm- und Bündnispartner von „Kultur macht stark“ zeigten zudem in den letzten Wochen ein beeindruckendes Engagement dafür, Angebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine schnell auf den Weg zu bringen. Zum Beispiel in einem länderübergreifenden Bündnis aus dem Grenzgebiet von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, bestehend aus dem Bad Honnef tanzt e.V., dem Sportverein TV Eiche und Gemeinsam für Vielfalt e. V. An einer Ferienaktion, die für 15 Teilnehmende aus der Region geplant war, nahmen am Ende 35 Kinder und Jugendliche teil – die Bündnispartner haben die ukrainischen Kinder und Jugendlichen persönlich in der Unterkunft abgeholt. Sie konnten nach Lust und Laune testen, ob sie die japanische Kampfkunst Aikido trainieren wollten, sich lieber im zeitgenössischen Tanz oder im Hip-Hop ausprobieren oder Graffiti sprayen wollten.
Möglichkeiten zum Ausprobieren, Schutz- und Freiraum für Erfahrungen – darum geht es auch im Interview mit Marc Melcher, Bildungsreferent, Genderpädagoge und Jungenarbeiter beim Paritätischen Bildungswerk Bundesverband: ein Gespräch über Mädchen- und Jungengruppen in der kulturellen Jugendarbeit, über Genderpädagogik und die Unterstützung von jungen Menschen bei ihrer Identitätssuche. Marc Melcher beobachtet, dass durch die Corona-Pandemie und ganz aktuell durch den Krieg in der Ukraine Retraditionalisierungstendenzen zunehmen. Wer erledigt zu Hause die Care-Arbeit? Wer kümmert sich um die Kinder, wenn die Schulen schließen müssen? Welches Bild von Männlichkeit wird durch Krieg und Aufrüstung geprägt? Kinder und Jugendliche haben feine Antennen für Fragen wie diese. Er wünscht sich, dass pädagogische Fachkräfte fundierteres Wissen in Genderfragen erwerben. Genderpädagogik sollte seiner Meinung nach unbedingt in der Erzieher*innenausbildung verankert werden.
Einen kreativen Kick für die Selbstwahrnehmung und den Umgang miteinander erhielten auch die Teilnehmenden am Stuttgarter „Kultur macht stark“-Projekt „Circus für alle“. Der Circus Circuli schloss sich mit dem Stuttgarter Jugendhaus (stjg) und dem Stadtteilbauernhof Bad Cannstatt zusammen und organisierte zwei Pfingstferienprogramme auf dem Stadtteilbauernhof. Einige der Kinder und Jugendlichen sind körperlich oder geistig beeinträchtigt, sie erleben Ausgrenzung und Einschränkungen in ihrem Alltag. Das gilt auch für die Mitwirkenden, deren Familien mit stark begrenzten finanziellen Mitteln haushalten müssen. Es gibt gesellschaftlich große Ungleichheiten, die sich aus individuellen sozialökonomischen oder gesundheitlichen Herausforderungen ergeben. Eine Zirkuswoche kann über das gemeinsame Miteinander ein Verständnis für die Lage des Gegenübers befördern. In diesem Projekt haben sich alle Teilnehmenden ausprobiert in der Clownerie, Zauberei und Einradkunst – jeder hat seinen Platz gefunden und wurde Teil des Ganzen. Die Kinder und Jugendlichen erlebten sich selbst als kompetent, als akzeptierten Teil einer Gemeinschaft.
Zu zeigen, dass man etwas draufhat, auch wenn der eigene Stadtteil keinen guten Ruf hat – darum ging es im Projekt „Wir Kinder der Nordstadt“ in Barsinghausen (Niedersachsen). Zwölf Kinder haben ihre Schule mit einem großen Wandbild verschönert. Zwölf XXL-Tafeln, von Viertklässlern eigenhändig bemalt, mit einer klaren Botschaft: Hier sind wir! Das sind unsere Träume. Wir wollen sichtbar sein und zeigen, dass wir etwas können! Für das Projekt haben sich die Adolf-Grimme-Schule, die Stadt Barsinghausen und die Kunstschule NOA NOA zusammengeschlossen. Die Idee des Wandbildes: Wir sind kreativ und können Großes leisten. Die künstlerische Arbeit der Kinder zeigt schon von weitem: Wir sind bunt, wir sind fröhlich und wir sind zuversichtlich! Während des Entstehungsprozesses wurde diskutiert, gelacht und überlegt. Was wäre, wenn alle Zauberkräfte hätten wie die Romanfigur Harry Potter? Könnte eine gute Fee alle Sorgen wegzaubern? Wäre die Welt gerechter, wenn alle Menschen die gleiche Haut- und Haarfarbe hätten?
Es sind große Fragen, die die Teilnehmenden bewegen. Unsere Beiträge in diesem Newsletter zeigen, wie „Kultur macht stark“ geförderten Projekte die kreative Neugier, das Selbstbewusstsein, die Teamfähigkeit und die Empathie – sogenannte „Softskills“ – fördern, die Heranwachsende stark machen für die Herausforderungen der Zukunft.
Auf der Webseite buendnisse-fuer-bildung.de finden Sie weitere spannende Berichte passend zu unserem Quartalsthema „Identität“, die zeigen, wie Kinder und Jugendliche sich mit ihrem Selbstbild auseinandersetzen, welche Träume sie haben von einer Gesellschaft, die zusammenhält und niemanden ausgrenzt. Lassen Sie sich inspirieren, dort oder in unserem Newsletter – wir wünschen Ihnen in jedem Fall eine beflügelnde Lektüre!
Ihr Redaktionsbüro „Kultur macht stark“
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Mit dem Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ trägt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zu mehr Bildungsgerechtigkeit in Deutschland bei. Bereits seit 2013 fördert das Programm außerschulische Angebote der kulturellen Bildung für bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche. Von 2018 bis 2022 stellt das BMBF dafür 250 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen 29 bundesweit tätige Programmpartner lokale Bündnisse bei der Umsetzung von Projekten unterstützen. „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ ist damit das größte Programm zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen durch kulturelle Bildung in Deutschland. „Kultur macht stark“ wird von 2023 bis 2027 in einer dritten Förderphase weitergeführt.
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