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„Tanzen ist Leben“

„tanzbar_bremen“ beschäftigt ein inklusives Ensemble, das Tanz und Tanztheaterformate erarbeitet, präsentiert und für möglichst viele Menschen erlebbar macht. Im Interview geben die Teamleiterin Corinna Mindt und der Tänzer Till Krumwiede Einblicke in ihre Arbeit.

Porträtfoto von Till Krumwiede, der mit Trisomie21 lebt, mit Corinna Mindt
Till Krumwiede (links) und Corinna Mindt (rechts) arbeiten seit 2021 eng zusammen und touren jeden Sommer auf (inter)nationalen Bühnen. © Mia Lux

Was lieben Sie am Tanzen, Herr Krumwiede?

Krumwiede: Ich liebe die Leichtigkeit, mich intensiv im Boden zu spüren, mit Menschen zusammen zu sein und tolle Auftritte zu erleben. Wir sind oft auf der großen Bühne, da gibt es viel Publikum. Ich spüre dann sehr viel Mut und Energie und ich sprudel los. Tanzen ist für mich Leben.

Sie sind mit Ihrem inklusiven Ensemble jeden Sommer national und auch international unterwegs. Erzählen Sie mal davon.

Mindt: Ich mag es unterwegs zu sein. Ich mag die Bühne, finde es aber auch toll, auf der Straße zu spielen. Dort erreichen wir Leute, die sonst eher nicht ins Theater gehen würden. Und ich mag es, andere Künstlerinnen und Künstler kennenzulernen. Das Herausfordernde für alle Ensembles, insbesondere aber für ein inklusives Team ist: Wir verbringen viel Zeit zusammen, auch abseits der Arbeit. Deshalb müssen wir als Gruppe gut funktionieren. Wir sind immer in unterschiedlichen Konstellationen unterwegs. Manche sind selbständiger als andere. In meiner Rolle als Projektleitung setze ich mir oft das Ziel, die Gruppe zu koordinieren und dabei allen die größtmögliche Selbstständigkeit zu ermöglichen.

Till Krumwiede und ein weiterer Tänzer in kämpferischer Pose auf einem Autodach im Grünen.
Der mit Trisomie 21 lebende Till Krumwiede (rechts) machte bei „tanzbar“ seine Tanz-Leidenschaft zum Beruf. © Matthias Knapp

In einem inklusiven Team können alle Mitglieder viel voneinander lernen. Was lernen die anderen von Ihnen, Herr Krumwiede?

Krumwiede: Darüber muss ich kurz nachdenken.

Mindt: Ich erlebe, dass Till total neugierig und wissbegierig ist. Er macht neue Themen auf und will Bewegungen oder Inhalte verfeinern. Till ist jemand, der immer tief eintaucht. Ich bin oft überrascht über seine Fragen. Das führt dazu, dass ich anfange, selbst darüber nachzudenken, warum ich bestimmte Dinge so oder so mache.

Krumwiede: Ich bin auf jeden Fall sehr engagiert und frage auch viele Dinge, die wichtig sind.

Und was lehrt Sie Ihr Team, Frau Mindt?

Mindt: Sich auf den Moment einzulassen. Unterschiedliche körperliche Voraussetzungen nicht zu überspielen, sondern sie wirklich da sein zu lassen und damit umzugehen. Der Standard ist ja oft noch, dass Angebote erstmal nicht inklusiv sind und dann geöffnet werden. Es ist aber viel spannender zu sehen, wenn sich nicht nur etwas öffnet, sondern wir von vornherein zusammen etwas Neues entwickeln. Außerdem lerne ich von Menschen mit Behinderung insgesamt viel über den Umgang mit Problemen. Darin sind sie oft viel geschulter als Menschen ohne Behinderung.

„tanzbar“ gibt es als Projekt schon seit 2003. Was war die ursprüngliche Idee und wie ging es dann weiter?

Mindt: „tanzbar“ war zunächst nur als Bühnenprojekt geplant. Gestartet sind wir mit einer Produktion pro Jahr. Schnell merkten wir, dass wir das Projekt um mehr Trainingsoptionen ausweiten wollten, und boten zweimal pro Woche Kurse im Freizeitbereich an – in Körperarbeit, Technik und Improvisation. 2009 gründeten wir den Verein „tanzbar bremen e.V.“ Mittlerweile bieten wir neben Tanz-Workshops und -Kursen für Kinder und Erwachsene auch einen Clownskurs und Tanztheater an – insgesamt neun Künstlerinnen und Künstler haben bei „tanzbar“ einen festen Arbeitsplatz und einige von ihnen wirken auch in der Vermittlungsarbeit mit.

Gemeinsam mit Bündnispartnern hat das „tanzbar“-Ensemble auch bereits im Programm „Kultur macht stark“ Projekte durchgeführt. Was war das Besondere dabei? Was haben Sie dabei über inklusive Jugendarbeit gelernt, das Sie an andere Tanzprojekte weitergeben können?

Mindt: Wirklich gemischte Gruppen aus Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenzustellen, ist eine anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe. Das funktioniert nicht mal eben so. Bei uns klappt es aber ganz gut, auch durch Kooperationen mit Bündnispartnern. Im Rahmen von „Kultur macht stark“ waren das zuletzt das Theater Bremen und der Schulverein Mittendrin Bremen e.V. Außerdem arbeiten wir eng mit einem großen Netzwerk mit ähnlichen Projekten wie dem „Tanzwerk“ oder der „etage“ zusammen.

Was wollen Sie mit „tanzbar“ in Zukunft noch erreichen?

Krumwiede: Also ich bin sehr zufrieden! Was uns noch erwartet ist, dass wir im nächsten Jahr mit „tanzbar“ nach Indien fliegen. Ansonsten will ich immer mal wieder Jugendliche beim Tanzen anleiten. Und einfach weiterhin tanzen.

Mindt: Wir sind letztes Jahr umgezogen. Ich finde es spannend, jetzt einen neuen Ort zu gestalten und auszuloten, wie groß wir werden wollen und ob wir künftig auch Veranstalterin sein wollen. Außerdem würde ich gern nicht nur mit kleineren Stücken, sondern auch einmal mit einem größeren Ensemble-Stück auf eine Tour gehen.

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Mehr über „tanzbar_bremen e.V.“, die Stücke, die nächsten Auftritte und einen Überblick zu den Workshop-Angeboten in Bremen finden Sie auf der Website, dem Instagram-Kanal, Facebook sowie auf YouTube.