„TANZ DICH BUNT” – Wenn Buchstaben und Farben zum Tanzen bewegen
In Gnoien in Mecklenburg-Vorpommern nimmt das Projekt „TANZ DICH BUNT“ Kinder mit in die Welt des Tanzes und Theaters. Dabei entstehen Choreografien, die manchmal den ganzen Ort zum Tanzen bringen.
Am Anfang des Projekts liegt ein großes Stück Pappe vor den Kindern. Sie wird am Ende des zweiwöchigen Ferienkurses die Worte „TANZ DICH BUNT“ formen und die Kinder bei den Aktionen begleiten. Treffpunkt ist das Mehrgenerationenhaus „Kulturbörse“ in Gnoien. Hier sitzt der Verein cultura mobile e.V., der das Projekt initiiert hat. Zwölf Kinder zwischen acht und 16 Jahren, viele aus der Warbel-Schule Gnoien, treffen sich hier im Mehrgenerationenhaus. Die Schule ist neben cultura mobile e.V. und der Stadt Gnoien einer der drei Bündnispartner des Projekts. Durch die enge Zusammenarbeit konnte das Bündnis nicht nur die Schülerinnen und Schüler für das Projekt begeistern, sondern auch Lehrkräfte und Eltern für ein freiwilliges Engagement im Projekt gewinnen.
Aus Farben werden Charaktere
Im Mehrgenerationenhaus angekommen dürfen sich die Teilnehmenden Farben aussuchen, mit denen sie später die Buchstaben bemalen. Ein ganzer Regenbogen steht hier als Palette zur Verfügung. Den Farben haben die zwei Projektleitenden zuvor verschiedene Charaktereigenschaften zugeordnet. Die Kinder überlegen kurz und wählen dann eine Farbe und damit eine Eigenschaft aus. „Dabei entdeckt man schon erste Charakterzüge der Kinder“, erzählt Bettina Kalisch. Sie arbeitet im Vorstand des Vereins und macht die Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt. „Eines der Mädchen hat sich zum Beispiel die Farbe Rot ausgesucht. Das ist dann das besondere Temperament, das feurige. Das kann man auch in den Kindern sehen“. Nachdem die Kinder ihre Farben ausgewählt haben, kann das Projekt richtig losgehen. Sie beginnen mit Pappe an ihren Buchstaben zu werkeln und arbeiten mit unterschiedlichen Bühnenmaterialien.
Die Kinder schlüpfen in ihre Rollen
Eine Perücke? Ein Kostüm? Bastle ich mir selbst etwas oder schaue ich im Fundus nach der passenden Kleidung? Der Theaterfundus des Mehrgenerationenhauses inspiriert die Kinder, eigene Rollen zu entwickeln. Rollen, die zu den vorher ausgesuchten Farben und den verbundenen Charaktereigenschaften passen. „Wenn sich ein Kind die Farbe Grün ausgesucht hat, dann ist auch das Gesicht grün“, so Bettina Kalisch. Wenn sie etwas nicht finden, bauen sie sich aus den Materialien ihre eigenen Requisiten. Sie fangen an, sich zu verkleiden, zu schminken und Geschichten zu erfinden. Die Arbeit mit den Farben und Charakteren hilft den Kindern, immer weiter in ihren Rollen aufzugehen. Daraus entstehen im weiteren Verlauf Tänze und Choreografien, die sich die Kinder gemeinsam ausdenken. Unterstützt werden sie dabei von der Projektleitern Andrea Eisensee, sie ist Bühnen- und Kostümbildnerin. Zusätzlich begleitet der Tänzer, Choreograf und Regisseur Stefan Brauer das Projekt.
Aus dem Mehrgenerationenhaus auf die Straßen Gnoiens
Steht das Konzept, werden die Tänze nicht etwa im Mehrgenerationenhaus eingeübt: Es geht direkt auf die Straßen Gnoiens. An dieser Stelle unterstützt die Stadt mit Bürgermeister als weiterer Bündnispartner das Projekt. Der Bürgermeister Lars Schwarz wirbt für das Projekt und ermöglicht, dass die Tänze an verschiedenen Orten in der Stadt aufgeführt werden können. Verkleidet ziehen die Kinder los und beginnen, auf den Straßen ihre Tänze zu performen. Dabei sind die Choreografien so ansteckend, dass nicht nur die Teilnehmenden selbst auf den Straßen tanzen. „Letztens kamen vier Jungs einfach dazu und haben mitgemacht. Das ist wunderbar. Auch ältere Leute waren so angetan, dass sie gleich mitgesungen haben“, berichtet Bettina Kalisch.
Den Kindern Perspektiven geben
Theater- oder Tanz-Projekte sind auf dem Land rar gesät – obwohl ihr Effekt auf die persönliche und soziale Entwicklung der Kinder groß ist. „Es gibt einen Spruch von Maria Montessori, den ich sehr gern mag: ‚Hilf‘ mir, es selbst zu tun.‘ Oder eben: Was ich sehr liebe, das strahle ich aus“, resümiert Bettina Kalisch über „TANZ DICH BUNT“. „Die Projekte machen die Kinder wirklich stark. Ihr Selbstwertgefühl steigt und sie gehen aus ihrer gewohnten Rolle raus. Das sieht man schon daran, wie sie die Buchstaben halten.“
Die Projekte in Gnoien entstehen aus einem Bedarf heraus. Ein großes Problem für die Kinder ist die räumliche Distanz. Sie macht es schwer, sich zu treffen. Die Förderung durch „Kultur macht stark"-Programmpartner Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler e.V. macht es möglich, auch solche Hürden zu nehmen. Im Projekt werden so auch Mitfahrmöglichkeiten und Fahrdienste organisiert. „Der Großteil der Kinder lebt gerne hier“, weiß Bettina Kalisch. Der Kontakt zu Familie und Freunden ist den Kindern wichtig. Was ihnen jedoch fehlt, sind Perspektiven. Projekte wie „TANZ DICH BUNT“ helfen, sie zu entwickeln. Bettina Kalisch weiß: „Die Projekte bleiben in Erinnerung. Noch heute treffe ich Erwachsene mit ihren Kindern an der Supermarktkasse, die mir dafür danken, wie unsere Projekte sie geprägt haben.“