Eine große Portion Kultur
Theater spielen, einen Film drehen, Gedichte verfassen oder selbst Honig gewinnen – der Erfindungsreichtum bei „Tafel macht Kultur“ ist schier unerschöpflich. Ehrenamtliche Kräfte unterstützen die kulturellen Angebote für Kinder und Jugendliche.
Es gibt in Deutschland mehr als 60.000 Tafel-Aktive. Das sind Menschen, die sich dafür engagieren, einwandfreie Lebensmittel, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet und ansonsten vernichtet werden würden, an Bedürftige zu verteilen. Laut Tafel Deutschland e.V. werden rund 1,7 Millionen Menschen in Deutschland jedes Jahr unterstützt. Wer finanzielle Unterstützung etwa vom Sozial- oder Wohnungsamt bekommt, darf bei den Tafeln kostenlos oder für einen kleinen symbolischen Betrag einkaufen. Als verhältnismäßig junger Programmpartner von „Kultur macht stark“ fördert die Tafel Deutschland e.V. seit 2018 in Kooperation mit der Tafel-Akademie unter der Überschrift „Tafel macht Kultur“ kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche. Etwa ein Drittel der 1,7 Millionen Tafel-Kundinnen und Tafel-Kunden sind Kinder und Jugendliche. Sie leben überwiegend in einer finanziellen, sozialen und bildungsbezogenen Risikolage. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel ist es für sie häufig schwierig, an sozialen und kulturellen Aktivitäten teilzunehmen. Für diese Zielgruppe im Alter von drei bis 18 Jahren bietet das Programm „Tafel macht Kultur“ die Möglichkeit der kulturellen Teilhabe.
Stichwort: Kultur als Lebensmittel
Janina Niemesch aus dem Team von „Tafel macht Kultur“ sagt, dass die jungen Tafel-Kundinnen und Kunden nicht selten mit schlechteren Bildungs- und Aufstiegschancen zu kämpfen haben. Mit dem Stichwort „Kultur als Lebensmittel“ leistet das Programm „Tafel macht Kultur“ daher einen wichtigen Beitrag für eine gleichberechtigte kulturelle/soziale Teilhabe und mehr Chancengleichheit. Um die kulturelle Teilhabe der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen, schließen sich für ein „Tafel macht Kultur“-Projekt lokale Tafeln mit mindestens zwei weiteren Partnern zusammen. Das können Familienzentren sein, Nachbarschafts- und Umweltschutzgruppen, Kindertagesstätten oder Schulstationen. Gemeinsam machen die Bündnispartner kulturpädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 18 Jahren.
Nachhaltigkeit, Ökologie und Ernährungswissen
„Wir sind spartenoffen und fördern eine große Bandbreite an künstlerischen Zugängen und kreativen Aktivitäten, wie etwa Musik- und Theaterprojekte, Artistik, Upcycling-Aktionen und digitale Trainings. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt in unserem Förderprogramm dabei auf den Themenfeldern Nachhaltigkeit, Ökologie und Ernährungswissen, die in ganz vielfältiger Weise umgesetzt werden können“, betont Janina Niemesch. In Koch- und Backformaten wird Wissen über gesunde Lebensmittel vermittelt, so verfassen die Teilnehmenden zum Beispiel Pizza-Lyrik, gründen eine Koch-Band oder gestalten ein digitales Rezeptbuch künstlerisch aus. Die Teilnehmenden erhalten die Chance, sich mit Lebensmitteln und Esskultur kreativ auseinanderzusetzen. Dabei lernen sie Lebensmittel mit allen Sinnen kennen und verarbeiten diese zu eigenen Gerichten.
Bienen-Marionetten und Besuch bei einer Imkerin
Die Tafel lässt interessierten lokalen Akteuren in ihrem Konzept „Tafel macht Kultur“ viel Spielraum. Zur Auswahl stehen die Formate Schnupperangebot, Workshop, Feriencamp und Kurs. „Neben diesen offenen Formaten, die weitgehend frei ausgestaltet werden können, bieten wir bereits thematisch, inhaltlich und kalkulatorisch vorbereitete Projektpakete an. Darüber freuen sich nicht nur Antragsneulinge“, sagt Janina Niemesch. Im „Projektpaket Biene“ etwa lernen die Kinder und Jugendlichen die Welt der Insekten besser kennen. Jüngere Kinder gehen das eher spielerisch an, indem sie Bienen-Marionetten basteln oder Tiergeschichten verfassen. Jugendliche nähern sich dem Thema ihren Interessen gemäß an, etwa indem sie sich mit wissenschaftlichen Aspekten befassen, eine Imkerin besuchen oder eine Ausstellung zum Lebensraum der Bienen vorbereiten.
Puppentheater und Trickfilme im lauschigen Garten
In Potsdam arbeitet die lokale Tafel mit einer Ortsgruppe des Naturschutzbundes (NABU) und dem Kinderclub „Unser Haus“ zusammen. Im lauschigen NABU-Schrebergarten wurden während des Ferienprojekts „SUMM – BieneKunstKultur“ Kinder und Jugendliche von Künstlerinnen und Künstlern sowie pädagogischen Kräften dabei unterstützt, ein Puppentheater aufzuführen und einen Trickfilm zu drehen. Weitere Projektpakete gibt es zu den Themen Kochen/Ernährung und Gartenwelt. Zudem hat das Projektbüro von „Tafel macht Kultur“ Anregungen für niedrigschwellige, saisonale Kreativprojekte zu Ostern und Weihnachten zusammengestellt.
Materialpool dient der Unterstützung
Mit Vorschlägen für Aktivitäten, Antragshilfen und Vorlagen für Bewerbung und Öffentlichkeitsarbeit hält „Tafel macht Kultur“ einen Materialpool vor, der insbesondere noch unerfahrene Antragstellende bei Konzeption, Organisation und Durchführung unterstützt. Denn die Tafel-Bewegung wird zum großen Teil von ehrenamtlichen Kräften getragen. „Die Ehrenamtlichen sind mit großer Leidenschaft dabei, sind aber wenig geübt darin, Fördermittel zu beantragen“, sagt Janina Niemesch. „Daher ist es uns im Projektbüro von, Tafel macht Kultur‘ichtig, die Projektbeteiligten in allen Phasen der Förderung von der ersten Idee bis zum Verwendungsnachweis zu unterstützen und zu beraten.“ So bietet das Team beispielsweise regelmäßig Online-Seminare oder auch eine digitale Sprechstunde an. Geplant ist auch die Verstetigung des Wissens- und Erfahrungsaustausches in virtuellen Zusammenkünften.