Engagement in der Bildungsarbeit
Noch heute profitiert Elisabeth Prosch, Bibliothekarin, von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bei einem „Kultur macht stark“-Projekt in der Stadtbibliothek Görlitz. Im Interview berichtet die 27-Jährige von ihren Erfahrungen.
Sie haben 2020 als Ehrenamtliche an einem „Kultur macht stark“-Projekt in der Stadtbibliothek Görlitz mitgewirkt. Wie kam es dazu?
Elisabeth Prosch: Das hat sich aus meinem Praktikum ergeben, das ich damals im Rahmen meines Studiums der Bibliotheks- und Informationswissenschaft der HTWK Leipzig in der Stadtbibliothek Görlitz absolviert habe. Während der drei Monate, die ich dort gearbeitet habe, war ich in die Entwicklung des „Kultur macht stark“-Projektes im Rahmen von „Total Digital! - ZURÜCK oder doch IN DIE ZUKUNFT? – 950 Jahre Görlitz – Mit Actionbound auf Zeitreise!“ involviert. Zusammen mit der Leiterin der Stadtbibliothek Ines Thoermer habe ich überlegt, dass es schön wäre, auch bei der Durchführung dabei zu sein.
Was würden Sie anderen Studierenden raten, die sich ehrenamtlich engagieren möchten?
Elisabeth Prosch: Ich kann das auf jeden Fall jungen Leuten empfehlen, die praktische Erfahrungen sammeln möchten und sich für Bildungsarbeit begeistern. Bei einer solchen ehrenamtlichen Tätigkeit bekommt man wertvolle praktische und realistische Einblicke, die man im Studium so nicht erlernen kann. Mich hat insbesondere der Bereich Bibliothekspädagogik interessiert. Die Bibliotheksleitung hat sich über meine Unterstützung gefreut, da sie selbst nicht die Zeit und Ressourcen hatten, um das Projekt allein umzusetzen. Auch nach Abschluss des Projektes habe ich mich in meiner Bachelorarbeit mit dem Thema Bildungsarbeit in Öffentlichen Bibliotheken befasst. Mein Fokus lag auf der Frage, welche Auswirkung die Pandemie auf die Veranstaltungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen gehabt hat.
Wie ist das Projekt, in dem Sie eingebunden waren, mit den Herausforderungen der Pandemie umgegangen?
Elisabeth Prosch: Wir hatten in dieser Herbstferienwoche das Glück, dass wir tatsächlich die Veranstaltung in Präsenz durchführen konnten. Im Innenraum war Maskenpflicht, wenn wir draußen unterwegs waren, haben wir Abstand gehalten.
Wie lief das Projekt ab und was war Ihre Aufgabe?
Elisabeth Prosch: Die Idee war, eine digitale Rallye durch die Stadt zu gestalten. Die Stadtbibliothek befindet sich in unmittelbarer Nähe zur historischen Altstadt und die Jugendlichen sollten das Quartier um die Bibliothek herum erkunden und dabei in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eintauchen. Eine Station war beispielsweise ein historisches Fabrikgebäude. Auch den großen Leerstand in der Stadt haben wir uns mit den Kindern und Jugendlichen angeschaut und darüber diskutiert, was sie sich für die Zukunft wünschen. Wir waren einen Tag im Stadtarchiv und einen Tag im Rathaus, wo vorgestellt wurde, was städtebaulich geplant ist. Die Teilnehmenden haben Fotos gemacht und sich dazu spannende Fragen für das Quiz überlegt. Mithilfe der App Actionbound – eine spezielle Software zum Erstellen von Rallyes am Smartphone – haben wir dann eine digitale Zeitreise gestaltet.
Wer war als Bündnispartner beteiligt und wie haben Sie die Zusammenarbeit erlebt?
Elisabeth Prosch: Das war zum einem RABRYKA, das ist in Görlitz ein Kulturzentrum und eine Plattform, wo gemeinschaftsorientierte Stadtentwicklung erforschbar, vorstellbar, begreifbar und umsetzbar wird. Als weitere Bündnispartner konnten wir das Kinder-Kultur-Café Camaleón und das Stadtarchiv gewinnen. Wir haben alle Programmpunkte immer miteinander entwickelt und umgesetzt. Das war perfekt, da die Bündnispartner den Zugang zu den Jugendlichen hatten und auch Medienpädagogen involviert waren, die noch mal eine ganz andere Beziehung aufbauen konnten.
Was haben Sie persönlich für sich aus Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit mitgenommen?
Elisabeth Prosch: Für mich war besonders interessant zu sehen, wie die Medienpädagogen mit den Kindern und Jugendlichen umgegangen sind. Es gab zum Beispiel zwei Jugendliche, die auf die Idee kamen, dass man hundert Treppenstufen während der Rallye hochspringen muss. Und der Kollege hat nicht einfach gesagt: „Das ist ja totaler Nonsens“, sondern nachfragt, wie sie auf die Idee gekommen sind. Er gab zu bedenken, dass auch ältere oder gehbehinderte Personen die Rallye erleben wollen. Es war insgesamt für mich sehr bereichernd zu sehen, wie spannend man zum Beispiel auch mit digitalen Medien und Apps außerschulische Bildungsarbeit gestalten kann.
Sie haben Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und sind nun Bibliothekarin in der Stadt- und Regionalbibliothek Frankfurt (Oder). Inwiefern nutzen Sie Ihre Erfahrungen aus der Bildungsarbeit in Görlitz?
Elisabeth Prosch: Ich profitiere täglich davon, weil meine Aufgabe unter anderem darin besteht, mir selbst Projekte für Kinder und Jugendliche zu überlegen. Auch beim Gestalten von Lernlandschaften kann ich auf meine Erfahrungen von 2020 zurückgreifen. Das hilft mir sehr und bereichert meine Arbeit.