Die Welt zu Gast in Bremen
Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele für Kinder greifbar machen – das möchte das Projekt „Spiel für die Welt“. Wöchentlich treffen sich Kinder und Theaterpädagoginnen im Bürgerhaus Obervieland, wo das Projekt mit einem Nachhaltigkeitsfest enden soll.
Wer sich die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen anschaut, merkt schnell, dass es viel zu tun gibt auf der Welt, um ein zukunftsfähiges Leben für kommende Generationen auf der Erde zu ermöglichen. Mitsprache für die Jüngsten der Gesellschaft fordert das „Kultur macht stark“-Projekt „Spiel für die Welt“ des Bremer Theaters, bei dem die KlimaWerkStadt Bremen und das Bürgerhaus Obervieland Bündnispartner sind und das durch die Internationale Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche (ASSITEJ e.V.) gefördert wird.
Das Projekt, das von September 2021 bis Juli 2022 läuft, verbindet für die 13 Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) mit kultureller Bildung. Der theaterpädagogischen Leiterin Rieke Oberländer ist es ein besonderes Anliegen, Menschen einzubinden, die nicht den leichtesten Zugang zu kultureller Bildung haben. „Mit den ,Kultur macht stark-Projekten´ können wir Kinder ansprechen, die sonst eher nicht ins Theater kommen. Durch Projekte wie ,Spiel für die Welt´ lernen diese Kinder und auch ihre Eltern das Theater kennen und erfahren, dass es ein Theaterangebot für sie gibt, das Spaß macht und bereichert“, erläutert Rieke Oberländer. Die teilnehmenden Kinder kommen aus den Stadtteilen Arsten und Obervielland.
UN-Nachhaltigkeitsziele altersgerecht vermitteln
„Wir wollen die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele für die Kinder durch praktisches Theaterspiel greifbar machen“, erzählt die Theaterpädagogin. Denn die Ziele seien so groß und abstrakt, dass sie für Kinder erdrückend wirken könnten, wenn man sie nicht spielerisch vermittelt.
Daher auch der Titel des Projekts „Spiel für die Welt“: Die Nachhaltigkeitsziele sollen in einen Theater-Mitmach-Parcours verwandelt werden, der am Ende des Projekts von Menschen aller Altersklassen bei einem Nachhaltigkeitsfest im und um das Bürgerhaus Obervieland durchlaufen wird. Die Kinder fragen sich zum Beispiel im Parcours: Hat der spanische Apfel Heimweh (Ziel 12, Nachhaltiger Konsum und Produktion)? Was bedeutet Solidarität in Zeiten von Krieg (Ziel 16, Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen)? In (Mit-)Spielformaten und Performances an verschiedenen Orten, die die Kinder in den Proben entwickeln, erheben sie ihre Stimme für die eigene Zukunft. „Ich glaube, dass künstlerische, spielerische Formate bei den Kindern sehr gut ihre Wirkung entfalten können“, meint Oberländer.
Die Kinder treffen sich einmal die Woche im Bürgerhaus Obervieland gemeinsam mit den Tanz- und Theaterpädagoginnen Valerie Usov und Olga Bauer. „Die Kinder sind sehr mutig und neugierig“, so Olga Bauer. Während es in der ersten Projektphase 2021 vorrangig darum ging, dass sich die Teilnehmenden untereinander kennenlernen und langsam an das Theaterspielen gewöhnen, geht es seit diesem Jahr auch viel ums Inhaltliche. Die KlimaWerkStadt unterstützt mit Aktionen zum nachhaltigen Handeln: Hier haben die Kinder zum Beispiel gelernt, ein kleines Feuer mithilfe von Feuersteinen und Blätter anzuzünden, um auf ökologisch belastende Brennstoffe zu verzichten. Bald soll dann auch der erste Besuch im Theater Bremen folgen – mit einem Blick hinter und auf die Kulissen.
Spielerische Improvisation
„Valerie und ich haben neulich den Kindern die Frage gestellt, was ihre größten Klimasünden sind – daraus ist eine Improvisation entstanden. Wir haben so getan, als ob wir in Plastik verpackte Paprikas sind und uns dann spontan in die Lage des Plastikbeutels versetzt: ,Wie fühlt er sich als Klimasünder?´“. Die Kinder gehen laut Olga Bauer sehr empathisch mit dem ganzen Thema um – ein wichtiger Aspekt für sie seien besonders Tiere. „Wir haben während unserer Proben gemerkt, wie groß das Bestürzen darüber ist, dass Meeresbewohner Plastikmüll essen und daran verenden und dass in Tieren und Menschen Mikroplastik nachgewiesen wurde.“
Nachhaltiger Umgang miteinander
Ein positiver Nebeneffekt bei den Theaterproben mit den Kindern sei auch, dass es viel um einen solidarischen und damit nachhaltigen Umgang untereinander geht, betont Olga Bauer. Die Kinder hätten so unterschiedliche Temperamente – einige seien dominanter, andere eher introvertierter. „Es gab Situationen, da mussten wir dem einen oder anderen Kind nahebringen: ,Dein Verhalten gerade ist für die Gruppe nicht nachhaltig´. Geholfen hat dann, Kleingruppen einzuteilen, in der jede und jeder mal die Rolle des Regisseurs oder der Regisseurin einnehmen durfte.“ Eine solidarische und nachhaltige Umgangsweise mit anderen Menschen und innerhalb der Gesellschaft steckt letztendlich in allen 17 Nachhaltigkeitszielen drin.
Langfristig bereichert das Projekt nicht nur die Kinder, sondern auch das Theater. „Nachhaltigkeit war ganz lange gar kein Thema am Theater“, so Rieke Oberländer. Das habe sich aber in den vergangenen Jahren gewandelt – weg vom Geniegedanken, bei dem jede Bühne mit ihrem Bühnenbild neu sein sollte – hin zum Wiederverwerten des bestehenden Theaterfundus. Zum Abschluss des Projektes ist ein gemeinsames Treffen geplant, bei dem sich alle Beteiligten zum Thema Nachhaltigkeit austauschen können: „Zum Schluss möchten wir die Kinder gemeinsam mit Personal vom Theater in einer Nachhaltigkeits-AG treffen und mit ihnen besprechen, wie uns ihre Perspektive geholfen hat.“