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Bühne frei für die „Generation Zuversicht“

Im Bremer Projekt „Generation Y – eine interaktive Tanztheater-Inszenierung mit medialen Einsätzen“ beschäftigen sich Jugendliche künstlerisch mit gesellschaftlichen Fragen. Ihr interaktives Improvisationstheater lädt das Publikum ein zum Dialog.

Nein, sie sind keine verlorene Generation! 15 Jugendliche aus Bremen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren haben sich in ihrem Projekt „Generation Y – eine interaktive Tanztheater-Inszenierung mit medialen Einsätzen“ tänzerisch und filmisch mit drängenden gesellschaftlichen Fragen beschäftigt. Dabei haben sie Vorurteile über ihre Generation widerlegt, denen sie immer wieder begegnen. Fantasievoll und voller Lebensfreude haben sie deutlich gemacht, dass sie sich nicht nur passiv auf ihre Handys starrend allein für Selfies und Likes auf Social Media interessieren – über diese falsche Wahrnehmung haben die Jugendlichen sich nämlich geärgert.

Ermöglicht wurde das interaktive Improvisationstheater durch die Zusammenarbeit des gemeinnützigen Bremer Unternehmens „Moves gUG“ mit weiteren Partnern. Kulturwissenschaftlerin Anne Kauhanen und Arton Veljiu, künstlerischer Leiter, haben „Moves“ gegründet, um „die Gesellschaft in Bewegung zu bringen“, wie sie sagen – durch Projekte in den Bereichen Tanz, Tanztheater, Theater und Film. Arton Veliju, 1992 aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen, versteht Tanz und Bewegung als eine universelle Sprache, mit der man viele und vieles erreichen kann. „Wir wollen durch kulturelle Bildung gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen“, so Anne Kauhanen. Im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) werden Jugendliche zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. „Moves“ ist bestens vernetzt mit weiteren Jugend- und Bildungseinrichtungen in Bremen. Kauhanen und Veljiu konnten daher gut improvisieren, als einer der Bündnispartner coronabedingt ausfiel.

Impulstag, halbjähriger Kurs und Intensivangebot

Denn ursprünglich hatten sie gemeinsam mit dem Verein „Neustadt Stadtteilmanagement“ und dem Kulturzentrum „Urban Station“ im Frühjahr 2021 zuerst einen Impulstag organisiert, der interessierten Jugendlichen einen ersten Eindruck der partizipativen Herangehensweise vermittelte. Daran schloss sich ein halbjähriger Kurs an, der durch ein Intensivangebot ergänzt wurde. Nachdem das Kulturzentrum coronabedingt schließen musste, konnte Anne Kauhanen kurzfristig umplanen und im Laufe des Projekts den freien Jugendträger „Gewitterziegen e.V.“ als weiteren Bündnispartner hinzuholen, ein Bildungszentrum für Mädchen und junge Frauen. Aus dessen Mädchengruppen kamen weitere Teilnehmerinnen im Kurs dazu.

Junge Generation packt an, um die Zukunft zu gestalten

Die Jugendlichen konnten sich als mündige Teilhabende einer Gemeinschaft beweisen, die ihre Zukunft gestalten will – digital und analog. Für die „Generation Y“ findet das Leben zu großen Teilen im Internet statt, hat Anne Kauhanen beobachtet: „Die Unterscheidung vieler Erwachsener zwischen dem ,echten‘ Leben und dem Leben im Netz ist für die meisten Jugendlichen nicht nachvollziehbar. Während der Coronapandemie kam es zu einer von ihnen gefühlten Diskrepanz: Gerade waren sie noch als stumpfe Medienkonsumenten wahrgenommen worden, plötzlich sollten sie digitale Profis werden. Dieses Missverhältnis wollten sie thematisieren.“ Für die Jugendlichen steht fest, dass sie ihre Zukunft phasenweise auch in virtuellen Räumen gestalten können – untereinander zu agieren, zu kooperieren und sich gegenseitig zu inspirieren ist nicht unbedingt ausschließlich bei Präsenztreffen möglich.

Flexibel auf neue Situationen reagieren

Unter der künstlerischen Leitung von Arton Veljiu haben die Jugendlichen erste Erfahrungen mit Tanz-Improvisationen, Theater- und Filmkunst gesammelt. Die ersten sechs Treffen im Frühjahr 2021 fanden virtuell statt. „Im Frühsommer waren endlich Präsenztreffen möglich, wir haben so gut wie alles nach draußen verlegt“, schildert Anne Kauhanen. Dabei musste sich das künstlerische Team immer wieder auf Veränderungen in der Corona-Situation einstellen, neue Kommunikationswege etablieren, Hygieneregeln berücksichtigen und versuchte dabei, dennoch ein kreatives Miteinander zu erlauben. Alle haben sich zudem intensiv darum bemüht, die Motivation der Teilnehmenden stabil zu halten.

Alle tragen zum Gelingen der Performance bei

Das ist unter anderem auch deshalb gut gelungen, weil die Jugendlichen ernst genommen wurden. Keine Entscheidung fiel über ihre Köpfe hinweg. „Arton Veljiu hat ein besonderes Talent dazu, Gruppenprozesse zu begleiten. Alle fühlen sich gesehen, alle werden mitgenommen. Er kitzelt bei jeder Person einzigartige Fähigkeiten heraus. So tragen alle auf ihre Art etwas Wertvolles zum Gelingen des Prozesses bei“, beschreibt Anne Kauhanen. Für die Jugendlichen, die alle eine Migrationsbiografie haben und aus Familien stammen, die kaum kulturelle Angebote machen können, war das eine beglückende Erfahrung – sie haben sich als selbstwirksam in der Gruppe erlebt.

Visionen einer guten Zukunft

Neben Arton Veljiu wurden die Jugendlichen künstlerisch begleitet durch die Sprachkünstlerin Maja Veljiu, den Tänzer Brendon Komorani und den Rapper und Poetry Slammer Adrian Adu. Sie haben in kleinen Gruppen mit den Jugendlichen gearbeitet, ihnen ermöglicht, sich selbst und ganz neue Ausdrucksformen zu erforschen. Anne Kauhanen: „Die Generation Y macht ihrem ,ausgesprochenen‘ Namen alle Ehre und stellt mehrfach die Frage ,Why‘ (Warum): Warum rückt das Thema Klimawandel erst jetzt so richtig ins Bewusstsein? Warum werden Fake-News verbreitet? Warum werden wir in entscheidende Prozesse nicht einbezogen?“ Getanzte und gefilmte Antworten gaben die Jugendlichen bei der Abschlusspräsentation im Oktober 2021, die aufgrund der Pandemie in kleinem Rahmen stattfand. Sie haben ihren Visionen einer guten Zukunft kreativ, lebens- und farbenfroh Ausdruck verliehen. Sie haben Theaterszenen und Dialoge auf der Bühne präsentiert, ergänzend dazu wurden große Leinwände im Hintergrund mit Kurzinterviews bespielt. Die Jugendlichen stimmten Film- und Theaterszenen aufeinander ab und bezogen das Publikum im Verlauf der Inszenierung mit ein. Auf der Bühne wurden Szenen bis zu einem bestimmten Punkt gespielt. Ein Moderator ließ die Zuschauenden dann entscheiden, in welcher Stimmung eine Szene weitergespielt werden sollte. Das Geschehen auf der Bühne wurde ergänzt durch vorproduzierte Spielszenen und Interviews mit den Jugendlichen.

Künstlerischer Freiraum dank „Kultur macht stark“

Dass es coronabedingt nur eine digitale Live-Abschluss-Präsentation gab, haben alle bedauert. Momentan werden die Ergebnisse bei „Moves“ zusammengetragen, um sie demnächst virtuell zugänglich zu machen. „Und wir wollen 2023 weitermachen“, sagt Anne Kauhanen. Erste Pläne seien bereits geschmiedet. „Wir sind sehr glücklich, dass ,Kultur macht stark‘ so nah ist an der künstlerischen Arbeit und uns den großen Freiraum für Improvisationstheater lässt.“

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Die „Moves“ gUG trägt schon im Namen den Wunsch, für Bewegung zu sorgen – in künstlerischer Hinsicht mit Improvisationstheater und Filmkunst, im übertragenen Sinn bezogen auch auf gesellschaftliche und soziale Fragen. Durch Kunst und Kultur soll gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden – für junge und ältere Menschen, für Geflüchtete und Asylsuchende. Das Neustadt Stadtteilmanagement engagiert sich in der Bremer Neustadt. Der Stadtteil wandelt sich, das Stadtteilmanagement will neue Wege gehen in Mobilitätsfragen und die Kreativwirtschaft fördern. Vor allem sollen auch Räume für Kunst und Kultur geschaffen werden. In der Bremer Neustadt ist auch der „Gewitterziegen e.V.“ beheimatet, ein feministisches Beratungs- und Bildungszentrum für Mädchen und junge Frauen. Der anerkannte Träger der freien Jugendhilfe unterstützt Mädchen und junge Frauen aus unterschiedlichen Stadtteilen, sozialen Schichten und Kulturen.