Zirkus unterm Kirchendach
In Großkayna verbringen Kinder und Jugendliche zauberhafte Zirkusferien an einem besonderen Ort. Das abwechslungsreiche Programm und die fürsorgliche Rundumbetreuung durch pädagogische Fachkräfte und junge Ehrenamtliche kommt bestens an.
„Am meisten Spaß macht es mir, das Lachen der Kinder zu sehen und Talente in ihnen zu wecken“, schwärmt Chantal René, die alle Charly rufen. Die 15-Jährige aus Halle-Neustadt ist Jugendtrainerin am Zentrum für Zirkus und bewegtes Lernen Halle e. V. (ZZB). „Der Zirkus ist mein zweites Zuhause“, sagt Charly. Als sie vor einigen Jahren an einem Zirkuskurs für Kinder aus ihrem Stadtteil teilnahm, der vom ZZB initiiert und über „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ gefördert wurde, packte sie das Zirkusfieber.
Heute engagiert sie sich dafür, dass auch andere junge Menschen diese Erfahrung machen. So half Charly im vergangenen Sommer ehrenamtlich bei zwei Feriencamps in Großkayna nahe Merseburg mit, die das ZZB gemeinsam mit dem SV Großkayna und der Grundschule „Geschwister Scholl“ aus dem benachbarten Mücheln organisierte. Rund zwei Dutzend Kinder und Jugendliche aus Halle, Merseburg und den Dörfern der Umgebung verlebten dort je eine Ferienwoche. Ermöglicht wurde das Angebot durch die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Zirkuspädagogik e. V., Programmpartner bei „Kultur macht stark“.
Ein Platz für alle
Auch in diesem Jahr wird die BAG Zirkuspädagogik weitere Projekte fördern. „Mit der 100-prozentigen Finanzierung können wir kostenlose Angebote schaffen. Darüber erreichen wir Kinder und Jugendliche, die an anderen Ferienfreizeiten nicht teilhaben können“, sagt Zirkuspädagogin Nadine Arendt vom ZZB. Die Gruppen bei den Feriencamps sind bunt gemischt: 10-Jährige und 16-Jährige, Zirkusneulinge und alte Hasen, Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationsgeschichte, Stadt- und Dorfjugend kommen im kleinen Ort Großkayna zusammen. Gemeinsam erarbeiten sie eine bunte Zirkusshow mit Akrobatik, Clownerie, Jonglage und Zaubertricks.
Das Bildungshaus in Großkayna ist der perfekte Ort, um konzentriert zu arbeiten, erzählt Nadine Arendt. Denn das Zirkustraining findet in einer ehemaligen Kirche statt, die zu einem Probenraum mit Bühne umgestaltet wurde. Das hohe Gebäude strahlt Ruhe aus, im großen Garten kann man sich austoben und im alten Pfarrhaus finden sowohl die Teilnehmenden als auch das Team aus pädagogischen Fachkräften und Ehrenamtlichen Platz zum Übernachten. Ein Koch sorgt für das leibliche Wohl – und erfüllt auch gern Sonderwünsche wie Schokopudding zum Nachtisch.
Zwischen Akrobatik und Abendbrot
Auf die Wünsche und Anliegen der Kinder einzugehen, ist Nadine Arendt und ihrem Team sehr wichtig. „Wir halten jeden Nachmittag einen Zirkusrat ab. Da können alle berichten, was sie gelernt haben, was sie sich als Freizeitgestaltung wünschen oder wo vielleicht der Schuh drückt.“ Möchten Teilnehmende nicht unbedingt in der Manege stehen, können sie zum Beispiel die Lichtshow übernehmen oder Kostüme und Requisiten gestalten. „Im Zirkus gibt es für alle was zu tun“, sagt Arendt. Sehr gute Erfahrung hat sie mit der Arbeit in altersübergreifenden Gruppen gemacht: Die älteren Teilnehmenden unterstützen die Jüngeren. Auch macht der Mix aus einfacheren und anspruchsvolleren Nummern die Zirkusshow zu einem tollen Erlebnis für das Publikum.
„Die Zusammenarbeit und der Austausch mit den Jugendlichen macht mir viel Spaß“, bestätigt auch Jugendtrainerin Charly. Beim ersten Camp im letzten Jahr hat sie mit den Kindern an der Show gearbeitet. Beim zweiten gestaltete sie die trainingsfreie Zeit am Nachmittag mit und unterstützte das Haus- und Küchenteam. Die Rundumbetreuung und das abwechslungsreiche Programm mit Zirkustraining, Spielen und gemeinsamen Mahlzeiten kam gut an. „Für viele Kinder ist das Camp die einzige Möglichkeit, um in den Ferien wegzufahren“, berichtet Nadine Arendt. „Einige verbringen das erste Mal eine Nacht außerhalb ihres Zuhauses.“ Dass die Teilnehmenden in Großkayna übernachten, kommt auch den Eltern entgegen, die ihre Kinder nicht jeden Tag bringen und abholen können. Bei der großen Zirkusshow am Ende der Woche werden alle Familien eingeladen – ebenso die Menschen aus Großkayna und Umgebung. „Zu den Aufführungen kommen regelrechte Besucherströme“, erzählt Nadine Arendt. „Wir freuen uns, ein bunter Anlaufpunkt im ländlichen Raum zu sein und zur Vielfalt kultureller Angebote für junge Menschen beizutragen.“