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Trommeln macht glücklich

Das inklusive Musikprojekt „Drum & Percussion Group“ vom Potsdamer Jugendkultur- und Familienzentrum „Lindenpark“ bietet Jugendlichen, die im Alltag oft Sorgen und wenig Gelegenheit für Erfolgserlebnisse haben, Raum zur Entfaltung ihrer Kreativität.

Kaum ein Instrument wirkt so unmittelbar wie eine Trommel. Jeder entlockt ihr Töne, und beim Trommeln in der Gruppe stellt sich schnell ein Gemeinschaftsgefühl ein: Alle schwingen im gemeinsamen Rhythmus, sind getragen und verbunden. „Auf den Punkt gebracht: Trommeln macht glücklich“, erklärt Anna-Maria Brätz vom Potsdamer Jugendkultur- und Familienzentrum „Lindenpark“, Musikpädagogin im „Kultur macht stark“- Projekt „Drum & Percussion Group“.

Zwölf Jugendliche im Alter von elf bis 15 Jahren beschäftigen sich einmal in der Woche sowie in zwei intensiveren Feriencamps mit der Welt des Schlagwerks und setzen sich mit verschiedenen Rhythmusinstrumenten auseinander. Bündnispartner des Jugendkulturzentrums sind der freie Träger der Jugendhilfe „Soziale Hilfen in Berlin/ Brandenburg“ (SHBB), der Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen unterstützt, sowie das „Schwungkollegium“, eine Big Band, die sich aus sozial engagierten Lehramtsstudierenden der Universität Potsdam zusammensetzt. Das erste Projekt war so erfolgreich, dass gleich ein Folgeprojekt angeboten werden konnte. Einige der Teilnehmenden aus dem ersten Projekt machen erneut mit, zudem kamen neue Gesichter hinzu.

Unterschiedliche Persönlichkeiten finden Raum zur Entfaltung

„Das Besondere am Projekt ist, die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Jugendlichen in einer zum Teil simultan agierenden Gruppe zusammenzubringen und dabei doch jedem einzelnen Raum zu geben, sich zu entfalten“, beschreibt Anna-Maria Brätz. Sie weist auf den inklusiven Charakter des außerschulischen Angebots hin: „Eine Teilnehmerin leidet unter einer Muskelerkrankung, sitzt im Rollstuhl und hat nur wenig Kraftreserven. Die Trommel kann sie schlagen, sie gibt ihr Energie und Lebensfreude. Zudem fühlt sie sich akzeptiert als Teil der Gruppe.“

Der freie Musiker Mesut Gürsoy begleitet die Jugendlichen vom ersten Schnupperkurs bis zur Aufführung vor Familien und Freunden. Dem Schlagzeuger ist es bei seiner Arbeit in Musikkursen generell wichtig, die Teilnehmenden ohne Erwartungsdruck an Musik heranzuführen. In der „Drum & Percussion Group“ lernt er die Jugendlichen, die unter anderem aus dem SHBB-Umfeld kommen, gut kennen, weiß um die Lebenssituationen in zum Teil schwierigen familiären Verhältnissen. Da das „Schwungkollegium“ auch in Schulklassen für das Projekt wirbt, treffen in der Gruppe Jugendliche aus teilweise sehr unterschiedlichen sozialen Verhältnissen aufeinander. So begegnen sich etwa Jugendliche aus behüteten Elternhäusern und Gleichaltrige, die kaum Unterstützung von zu Hause erfahren. „Da gibt es gegenseitige Scheu, manchmal treten Konflikte auf. Aber über die Musik werden die sozialen Kompetenzen gestärkt, Konflikte werden ausgehandelt und am Ende gelöst, man nimmt Rücksicht aufeinander“, schildert Mesut Gürsoy.

Nur gemeinsam wird es gut

Anna-Maria Brätz betont das kreative Potenzial des Trommelns: „Wir widmen uns dem Schlagzeug sowie verschiedenen Percussion-Instrumenten, vor allem sogenannten Marching Instruments, also tragbare Instrumente. An der Trommel spüren die Jugendlichen, dass beim Spielen genauso viel Energie zurückkommt wie hineingegeben wird. Von Anfang an kann gleich jeder mitmachen, es gibt keinen Erwartungsdruck.“

Beim Auftaktkurs lernen die Jugendlichen zunächst die Instrumente kennen und besuchen die Profis aus dem „Schwungkollegium“. Anschließend arbeitet Schlagzeuger Mesut Gürsoy in kleineren Gruppen wöchentlich mit den Jugendlichen. In den Feriencamps kommt Ole Fischer dazu, der Sonderpädagoge und Musiker ist, wie Mesut Gürsoy, seit langer Zeit dem „Lindenpark“ verbunden. Im Feriencamp treffen auch die Kleingruppen wieder aufeinander, die gemeinsame Arbeit an der Abschlussshow beginnt. „Wirklich gute und erfolgreiche Musik kann man nur machen, wenn man gut miteinander klarkommt und an einem Strang zieht, das spüren die Teilnehmenden“, erklärt Schlagzeuger Mesut Gürsoy. Sie entwickeln Ehrgeiz, vereint im gemeinsamen Ziel, eine fantastische Show abzuliefern.

Das große Finale im Rampenlicht bedeutet den Jugendlichen sehr viel. Da viele der Teilnehmenden in ihrem Alltag wenig Gelegenheit für Erfolgserlebnisse haben, etwa Schwierigkeiten in der Schule erleben oder das Gefühl, sozial nicht mithalten zu können, sorgt der Auftritt für eine Stärkung des Selbstwertgefühls. Das gilt auch für die körperlich eingeschränkte Teilnehmerin, die sich selten so stark fühlt, wie beim Schlagen der Drums.                  

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Das Jugendkultur- und Familienzentrum „Lindenpark“ ist eine Einrichtung der Stiftung SPI/Niederlassung Brandenburg Nord-West. Die Stiftung Sozialpädagogisches Institut Berlin „Walter May“, will mit dazu beitragen, eine Gesellschaft zu entwickeln, in der sich jeder Mensch in Verantwortung für sich und das Gemeinwesen frei entfalten kann. Das Jugendkulturzentrum „Lindenpark“ versteht sich unter anderem als Musikschule, die Kinder und Jugendliche spielerisch dazu ermuntert, ihre eigenen musikalischen Talente zu erproben. Die „Soziale Hilfen in Berlin/ Brandenburg“ (SHBB) ist ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe, der Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche mit brüchigen Lebensläufen in besonders belasteten Lebenslagen anbietet. Der eingetragene Verein „Schwungkollegium“ ist an der Universität Potsdam verwurzelt. Lehramtsstudierende sowie Hobbymusikerinnen und -musiker erwecken neben dem Charme der Big Band Ära auch lateinamerikanische Rhythmen zum Leben. Er unterstützt die „Drum & Percussion Group“ mit einem Pool an Musikerinnen und Musikern, die zur Unterstützung einspringen oder auch indem Auftritte im großen Konzertsaal der Universität ermöglicht werden. Gefördert wird das Musikprojekt vom „Kultur macht stark“-Programmpartner „Paritätisches Bildungswerk Bundesverband e.V.“ durch das Programm „jung engagiert phantasiebegabt“.