Tipps von echten Schreibprofis
Die „Wörterwelten“ der Friedrich-Bödecker-Kreise e. V. setzen auf Autorenpatenschaften, damit Kinder und Jugendliche ihre Liebe zum Schreiben und Lesen entdecken und ausbauen können. Mehr als 5.000 Kinder haben an den Schreibwerkstätten teilgenommen.
Ganze Welten entdecken und erschaffen die Kinder und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren in den Projekten der Friedrich-Bödecker-Kreise: Kinderbuchautorinnen und -autoren führen sie durch das Reich der Wörter und Bücher und ermutigen sie dazu, ihre Fantasie und Kreativität spielen zu lassen und die eigenen Ideen in Worte zu fassen. Es ist eine ganz besondere Form des Zugangs zum Lesen und kreativen Schreiben für Kinder aus Familien, die bisher wenig an außerschulischen kulturellen Angeboten teilgenommen haben. Viele der Teilnehmenden entwickeln durch die Schreibwerkstätten ihre Liebe zu Büchern – oder auch zum Reim, zum Song, zum Illustrieren, Gestalten und zum digitalen Umgang mit Wörtern.
Lesen und Schreiben als zentrale Kulturtechniken
Seit 2013 initiiert der Bundesverband der Friedrich-Bödecker-Kreise e. V. über das Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ Autorenpatenschaften. Mehr als 5.000 Kinder und Jugendliche haben an den Schreibwerkstätten bereits teilgenommen. Unter dem Titel „Wörterwelten. Literatur lesen und schreiben mit Autor*innen“ finden lokale Bündnisse zusammen. „Immer gehören unsere Landesverbände zu den Bündnispartnern, weitere Partner sind Bibliotheken, Schreibvereine oder Jugendzentren, ebenso Schulen und hin und wieder auch Kitas“, beschreibt Projektleiterin Lisa Reul die Bündnisse, die durchaus auch ungewöhnlich sein können. In Hamburg hat sich vor einiger Zeit das Wasserwerk als Bündnispartner eingebracht – nach einer Führung durch das technische Gebäude haben sich Kindergartenkinder mit Bilderbüchern rund ums Thema Wasser beschäftigt.
„Lesen und Schreiben sind zentrale Kulturtechniken, die wichtig sind für kognitive Leistungen wie Konzentration, Aufbau eines Wortschatzes und das Gedächtnis“, betont Lisa Reul. „Wer schlecht lesen und schreiben kann, droht den Anschluss zu verlieren – auch in und nach Corona-Zeiten, die mutmaßlich mehr digitale Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen verlangen. Auch Chats und Mails wollen geschrieben und gelesen werden.“ Lisa Reul sieht nicht allein das Buch im Zentrum der „Wörterwelten“. Auch Videospiele und Filme basieren auf Buchstaben und Wörtern im Script oder Drehbuch und können Gegenstand der Auseinandersetzung in den Projekten sein.
Enge Bindungen entstehen durch die Patenschaften
Kinderbuchautorinnen und -autoren wie die vielfach mit Preisen ausgezeichnete Andrea Karimé aus Köln oder der Pixie-Buch-Autor Andreas Röckener aus Hamburg übernehmen Patenschaften in den Projekten. Sie schätzen die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, denn so pflegen sie den Kontakt zu ihrer Zielgruppe. Auch Jugendliteraturpreisträger Achim Bröger und Susanne Orosz, Autorin vieler Kinder- und Jugendbücher und Radiogeschichten, gehören zum Kreis der Patinnen und Paten, die schon die Jüngsten dazu einladen, mit Buchstaben und Wörtern zu experimentieren. Lisa Reul beschreibt: „Viele der Autorinnen und Autoren berichten, dass sie es als sehr berührend empfinden, wenn enge Bindungen entstehen. Vor allem kleinere Kinder zeigen ihre Zuneigung ganz unmittelbar, warten bereits ungeduldig am Tor darauf, dass es losgeht. Und auch vermeintlich coole Jugendliche zeigen sich im Gespräch über Bücher plötzlich zugänglich.“ Denn schließlich greifen die „Wörterwelten“ Themen auf, mit denen sich die jeweiligen Gruppen beschäftigen. Dauerbrenner über die Jahre sind der Blick in die Zukunft und das breite Spektrum von Liebe und Freundschaft, aber auch Tiere sind als Motiv beliebt.
Schreibaufgaben kommen neuerdings per Mail
Lisa Reul kennt die „Wörterwelten" seit 2016, seit 2018 hat sie die Leitung übernommen. „Ich habe viel mit kreativen Köpfen zu tun, das macht viel Spaß“, sagt sie. „Und was mir gut gefällt, ist, dass am Ende der Fördermaßnahmen etwas Handfestes in Form der Bücher erscheint. Das ist für die Teilnehmenden auch wichtig – dass etwas bleibt.“ Aktuell ruhen viele Projekte bedingt durch Corona. Einige der Autorinnen und Autoren versorgen ihre Gruppen jedoch mit Schreibaufgaben per Mail oder sie geben telefonisch Rückmeldung, wenn die Kinder und Jugendlichen ihre Texte verfasst haben. Den meisten Teilnehmenden fehlt das Zusammentreffen als Gruppe, umso wichtiger ist es für sie, die Kontakte übers Telefon oder per Mail zu halten. Abgesagt wurden bislang noch keine Projekte. „Wir bemühen uns, Projekte auch ohne den physischen Kontakt weiterzuführen. Wo das nicht möglich ist, behelfen wir uns momentan so, dass wir die Laufzeiten verlängern“, sagt Lisa Reul. „Wir geben damit auch ein Zeichen der Verlässlichkeit in unsicheren Zeiten.“