Theaterturbo für die Sprache
Durch Erleben die Sprache erlernen – das hat sich bewährt beim Ferienkurs „Theatersommer“ in Dresden. Am „tjg.theater junge generation“ konnten Grundschulkinder ihre Sprachkenntnisse spielerisch erweitern.
Schon Grundschulkinder sind eingeladen, Teil der Theaterfamilie in Dresden zu werden. Aus welchem Land sie ursprünglich kommen und dass sie vielleicht der deutschen Sprache noch nicht bis in alle Feinheiten mächtig sind, spielt keine Rolle. Dass sie auf der Bühne und im Scheinwerferlicht stehen, dass sie ihre spielerischen Szenen mit lauter, selbstbewusster Stimme präsentieren – das ist es, was zählt. Sie fühlen sich willkommen, bauen unter Umständen Schwellenängste ab und finden im „tjg.theater junge generation“ in Dresden Räume, in denen sie sich kreativ entfalten können.
Im dreiwöchigen „Theatersommer“ konnten 45 Grundschulkindern im Alter von acht bis zwölf Jahren aus dem kulturdiversen Stadtteil Johannstadt das Theaterspielen für sich entdecken und gleichzeitig ihre die Sprachkompetenz erweitern. Quasi nebenher sind sie sicherer geworden im Umgang mit der deutschen Sprache. Einen Beitrag dazu geleistet haben Studierende der Technischen Universität (TU) Dresden, dem dritten Bündnispartner neben der Theaterakademie des tjg und der Grundschule Johanna aus der Johannstadt. Die Studierenden im Fach „Deutsch als Zweitsprache“ unterstützten als begleitende Sprachmittler*innen. Für die Förderung von Sprachkompetenzen haben sie Materialen erstellt und Bücher ausgewählt, die begleitend verwendet wurden. So bereicherten sie nicht nur die Arbeit im Projekt, sondern sammelten auch wertvolle Praxiserfahrungen für ihren späteren Beruf.
Zu den eingesetzten Materialien gehörte etwa das Buch „Ich so Du so“. In Bildern, Comics und kleinen Geschichten geht es um das Anderssein. „Damit konnten wir an die Lebenswelt der Kinder anknüpfen. Denn sie erleben in ihrem Alltag, wie individuell jeder Mensch ist, wie jeder mit der ein oder anderen Sache zu kämpfen hat oder wie unterschiedlich manche Sichtweisen sind“, schildert Theaterpädagogin Nicole Dietz, die den Theatersommer begleitet hat. Andere Themen, die bei den Jungen und Mädchen gut angekommen sind, waren Bücher über Erlebnisse in der Natur oder Freundschaft.
In kleinen Tagesaufgaben sind die Kinder dazu ermuntert worden, neu erlernte Wörter auf einer Mosaikwand zu sammeln, die täglich gewachsen ist. Die Kinder haben sich beispielsweise köstlich über das Wort „Buchteln“ amüsiert. „Das stand auf der Tafel der Theaterkantine und war erklärungsbedürftig“, erzählt Nicole Dietz. Sie schildert, dass die Acht- bis Zwölfjährigen während des Kurses regelrecht aufgeblüht sind. „Wir haben bei null angefangen, es gab keinerlei Erfahrungen mit dem Theater. Bei der Präsentation der Spielszenen am Ende des Sommerkurses haben dann alle an einem Strang gezogen, sich gegenseitig ermuntert und bestärkt. Das war wirklich Self-Empowerment wie aus dem Lehrbuch.“
Das Konzept für den Theatersommer entwickelt hat Anke-Jenny Engler, die Leiterin der Theaterakademie. Sie hat von Anfang an auf die Verzahnung von Theaterpraxis und Sprachförderung gesetzt. Das erfolgreiche Konzept möchte das Team gerne in einem weiteren Angebot fortsetzen, sobald Zusammenkünfte von Gruppen wieder ohne gesundheitliche Risken möglich sind. Für das nächste Projekt sind lediglich kleinere Nachjustierungen geplant, die darauf abzielen, die Teilnehmenden noch stärker ins Theaterleben zu integrieren. „Wir wollen noch mehr praktische Theaterarbeit anbieten. Davon profitieren nicht nur die Kinder. Auch wir im Theater machen mit ihnen neue Erfahrungen, erhalten neue Impulse. Ziel für uns ist es, die Teilnehmenden, die in diesem Projekt zum ersten Mal ins Theater kommen, dann in unser bestehendes Kurs- und Inszenierungsangebot für Kinder und Jugendliche einzuladen.“
Neben der Erweiterung der sprachlichen Kenntnisse der Kinder ist dem tjg der Diversitätsgedanke ein Anliegen. „Wir machen hier Diversität in Dresden erfahrbar“, so Nicole Dietz. „Wir zeigen, dass etwa Kinder, die nach Deutschland geflüchtet sind, Teil der Gesellschaft sind. Wir laden die Kinder zusammen mit ihren Eltern dazu ein, am kulturellen Leben in Dresden teilzunehmen und Theater als ihren Ort kennenzulernen. Wir begreifen Diversität als Chance.“ Ein Gedanke, der auch in die Stadt gewirkt hat und auf großes Interesse in der Stadtpolitik gestoßen ist.