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Mit Neugier und digitalen Tools die Heimat erforschen

Im veranstaltungsarmen Corona-Sommer hatte das Schwabacher Spielmobil-Team besonders viel Zulauf: Es schickte Kinder und Jugendliche mit offenen Augen und digitalen Werkzeugen auf Entdeckungsreise in Natur und Kultur der fränkischen Vergolder-Stadt.

Lisa Großberger (24) gehört seit vier Jahren zum Spielmobil e. V.-Team. Wenn die junge Sozialpädagogin von den kulturellen Impulsangeboten berichtet, ist spürbar, wie engagiert die drei Bündnispartner Schwabacher Kinder und Jugendliche zum Entdecken ihrer Heimat anregen und ihnen Sprach- und Medienkompetenz vermitteln: Stadtjugendring Schwabach, Kommunale Jugendarbeit Schwabach und der Pfadfinderstamm Astrid Lindgren e. V. arbeiten dafür Hand in Hand. In den diesjährigen Sommerferien führte das Team eine Kleingruppe vom Aua- zum Aha-Erlebnis: Die Teilnehmenden lernten, Brennnesseln für Tee zu sammeln, ohne dass die winzigen Stacheln schmerzhaft in die Finger eindringen. Sie erfuhren aber gleichzeitig, dass das Brennen der Haut eigentlich gesund sei, weil es die Durchblutung fördere. Andere Jugendliche gingen, begleitet von Pfadfinderinnen und Pfadfindern, auf digital-analoge Schnitzeljagd in die Umgebung.

„Die Entdeckungs-Rallyes haben wir mit der App Actionbound am Laptop vorbereitet“, erläutert Lisa Großberger. „Die jungen Fährtensucherinnen und -sucher verwendeten dann die gleiche App auf Smartphones oder Tablets.“ Aufgeregt sausten sie von einem QR-Code zum nächsten und entschlüsselten eine wegweisende Botschaft nach der anderen. Auch ein weiteres Spielmobil-Angebot schlug erfolgreich eine Brücke zwischen umgebender Natur und digitalem Wissenskosmos: Zuerst wurde die alte Dorflinde fotografiert. Danach recherchierten die Kinder deren Geschichte im Internet, wo sie auch Rezepte für traditionelle Heilmittel aus Lindenblüten und -blättern fanden.

Spielmobil statt Mallorca

Bereits in den Osterferien hatte das Bündnis erfolgreich Projekte auf digitalem Weg umgesetzt und so die komplett kontaktfreie Zeit überbrückt: Spielmobil-Pädagogen und -Pädagoginnen sowie ein lokaler Künstler drehten ein Video-Tutorial für Graffititechniken und boten online auch über QR-Codes abrufbare Fotosuchspiele und Bastelanleitungen an.

Anfang Juni konnte das Spielmobil-Team wieder persönlich an den Start gehen – mit Hygienekonzept nach den Vorgaben des Bayerischen Landesjugendrings und mehr Mitarbeitenden. Pünktlich zu den Sommerferien war endlich auch Basteln vor Ort wieder erlaubt. Bedingt durch Corona war der Andrang für die beliebten Ferienangebote größer denn je, weil viele Familien aus Vorsicht oder wegen knapper Finanzen nicht verreist waren. David (9) war gar nicht traurig, dass der Sommerurlaub mit den Eltern ausfiel: „Hier gibt es so tolle Spiele und so tolle Betreuerinnen!“

Ein Junge und ein Mädchen basteln mit Abstand an einem Tisch im Freien
Gemeinsam basteln – aber mit Abstand © Lisa Großberger

Täglich kamen bis zu 60 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und zwölf Jahren zu den Spielmobil-Haltestellen, um sechs Stunden lang die handwerklich kreativen oder interaktiv-digitalen Angebote wie Rallyes und Reporterspiele zu nutzen. Je drei Tage lang stand der gelbe Bus im gleichen Stadtteil, dann rollte er weiter. „Manche Fans radelten uns sogar hinterher, waren in der Innenstadt und den Vororten dabei“, freut sich Lisa Großberger.

Drei Tage Quarantäne für Wolle, Ton und Nägel

Sicherheitshalber musste das Bündnis die Bastel- und Rallyegruppen verkleinern. Auf die Sitzbänke an den Bastelplätzen wurden Abstandsmarkierungen geklebt, Arbeitsflächen und Werkzeuge kontinuierlich gereinigt. So streng wie nötig und so spielerisch wie möglich erklärte die achtköpfige Spielmobil-Crew den kleinen Gästen die Hygienemaßnahmen, zum Beispiel so: „Die Werkzeuge und das Bastelmaterial müssen zwischen den Einsätzen erst mal in Quarantäne.“

Die Spielmobil-Gäste verstanden die Distanzgebote und hielten sich daran, auch wenn es oft nicht leicht fiel. Schnell mal der Freundin den Klebstoff reichen oder zum Nachbartisch rennen, wenn einer stolz seine Specksteinskulptur hochhält, das war diesen Sommer nicht erlaubt. Weder Werkzeuge noch Materialien durften sie untereinander austauschen. So bedauerte etwa Tamara (10): „Es ist schwer, wenn man immer den Abstand bei allem halten muss, zum Beispiel bei den Bastelstationen. Auf einer Bank dürfen nur zwei Leute sitzen.“ Semih (9) vermisste die geliebten Pausenspiele: „Also Abstand ist da blöd, weil Fangen spielen zum Beispiel nicht so gut geht.“

Kindgerechte Infos zum Goldschläger- und Metallerhandwerk

Eine besondere Stärke des Schwabacher Spielmobils ist, Kindern auf niedrigschwellige Weise praktische Medienkompetenz zu vermitteln: Mit ausgeliehenen Tablets oder Smartphones können sie fotografieren, im Internet recherchieren, auf den Rallyes per GPS den eigenen Standort orten, QR-Codes entziffern, Fotos und Texte hochladen. Manche Teilnehmende, so Lisa Großberger, geben das im „Kultur macht stark“-Projekt erworbene Wissen direkt an ihre Eltern weiter: Ein Junge berichtete am nächsten Tag strahlend, er habe zu Hause erklärt, wie man einen QR-Code erstellt und wie viele Infos hinter diesen kleinen Pixelhäufchen stecken. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit den technischen Möglichkeiten wurde dabei thematisiert.

Im Einsatz war auch ein audiovisueller Stift. Durch Tippen auf Zeichnungen in Büchern oder auf Aufkleber werden Audioinfos, Geräusche oder Musik abgespielt. Beim diesjährigen Spielmobil-Projekt konnten die Jugendlichen ihre neu erworbenen Kenntnisse zur Funktionsweise des Stiftes im Schwabacher Stadtmuseum anwenden und die dortige Dauerausstellung „Die Goldschläger- und Metallerstadt Schwabach“ mitgestalten.

Um die vielen gehaltvollen Erklärtexte zur traditionellen Handwerkskunst für junges Publikum einfacher zugänglich zu machen, sprachen die jungen Digitalexpertinnen und -experten selbst recherchierte Infos und eigene Texte auf die Audiospeicher der Stifte. Wer jetzt beim Museumrundgang mit dem digitalen Zauberstift auf die Spielmobil-Aufkleber neben den Objekten tippt, kann abhören, was junge Leute ihm über die Herstellung von hauchfeinem Blattgold, Stahlfedern und weiteren ortstypischen Metallprodukten erzählen.

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Das Schwabacher Spielmobil-Bündnis aus federführendem Stadtjugendring, Kommunale Jugendarbeit Schwabach und dem Stamm Astrid Lindgren e. V. des Verbandes christlicher Pfadfinder Bayern-Mitte ermöglicht Kindern und Jugendlichen, gemeinsam ihr Wohnumfeld zu erforschen, zu gestalten und sich anzueignen.

Fotos und Videos von den in den Sommerferien dokumentierten Schwabacher Attraktionen sind in einem Kinderstadtplan zu finden, der bei Spielmobil-Aktivitäten kontinuierlich mit Lieblingsorten und interessanten Angeboten der Stadt befüllt wird.

Weitere Infos zum Spielmobil Schwabach und zum Programmpartner Spielmobile e. V. – Bundesarbeitsgemeinschaft Spielkultureller Projekte