Kunst ohne Barrieren
Im Raum Regensburg lassen junge Menschen Kunstwerke in Filmen lebendig werden. Über das inklusive „Movies in motion“-Projekt sprachen wir mit Gaby Eisenhut, Vorsitzende der Stiftung für krebskranke und behinderte Kinder in Bayern (KreBeKi).
Frau Eisenhut, was ist die Idee hinter dem Projekt „Kunstobjekte in Bewegung“?
Kinder und Jugendliche erwecken Kunstwerke aus der Dauerausstellung des Kunstforums Ostdeutsche Galerie in Regensburg zum Leben. Sie setzen sich dafür intensiv mit dem Werk, dem Künstler und der Epoche auseinander und erarbeiten dann einen eigenen Film – vom Drehbuch über die Musik bis zum Schnitt. Die Filme sollen später anderen jungen Besuchern des Museums die Kunstwerke leichter zugänglich machen. Die Mädchen und Jungen im Projekt haben selbst aus verschiedenen Gründen eingeschränkten Zugang zu kulturellen Angeboten: ob wegen ihres Flucht- oder Migrationshintergrunds oder etwa weil ihre Familien kein Geld für Angebote dieser Art haben.
Wie haben Sie als Bündnispartner zusammengefunden?
Die KreBeKi veranstaltet gemeinsam mit dem Kunstforum seit mehr als zehn Jahren inklusive Workshops. Durch mein Engagement in der Stiftung besteht der Kontakt zum Sonderpädagogischen Förderzentrum Regenstauf und der Bischof-Wittmann-Schule Regensburg, einem Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Über das Bündnis hinaus arbeiten wir im Projekt mit der Mittelschule Lappersdorf zusammen, an der ich selbst viele Jahre unterrichtet habe. Die Rektoren sind sehr dankbar für die Vernetzung zwischen den Schularten, die auf diese Weise möglich wird.
Was ist seit Projektbeginn passiert?
Beim Kick-off-Termin im Kunstforum Anfang des Jahres haben sich die knapp 20 Teilnehmenden zunächst einmal kennengelernt. Es gab eine Führung durch das Museum, dann haben die Mädchen und Jungen sich in drei Gruppen zusammengefunden und jeweils ein anderes Werk als Ausgangspunkt für ihren Film gewählt: ein Landschaftsbild, eine Büste und ein Gemälde aus den 1920er Jahren. Danach haben sie an den wöchentlichen Workshop-Nachmittagen kreativ mit ihrem Kunstobjekt gearbeitet – gemalt, gebastelt, getanzt. Auch die Drehbücher sind schon geschrieben. Nun geht es ans Filmen und Vertonen.
Finden die Workshops im Museum in Regensburg statt?
Zum Teil, etwa bei der Beschäftigung mit den Kunstwerken und später beim Dreh. Zum Schreiben der Drehbücher trafen sich die Gruppen an einer der Schulen. Für die Vertonung geht es in ein Tonstudio. Das ist hier im ländlichen Raum organisatorisch eine Herausforderung, aber wir bekommen es hin. Mir war wichtig, dass möglichst viele verschiedene Fachkräfte und Künstler dabei sind. Ich habe als Lehrerin im Fach Medienpädagogik selbst Filme mit Schülerinnen und Schülern gedreht und dann selbst alle technischen Aufgaben übernommen. Aber eigentlich sind an einem Film ja ganz viele Menschen beteiligt.
Wer arbeitet jetzt alles mit den Teilnehmenden?
Im Kunstforum arbeiten drei Museumspädagoginnen mit den Kindern und Jugendlichen. Dazu kommen drei Filmemacher und der Tontechniker im Studio. Für die nötige Kontinuität sorgt Singer-Songwriter Hubert Treml, der die künstlerische Leitung übernommen hat. Mit ihm haben wir als Stiftung schon viele inklusive Projekte umgesetzt. Außerdem ist immer eine pädagogische Assistenz dabei. Sie unterstützt die Kinder, die geistige Beeinträchtigungen haben. Nur so ist es möglich, das Projekt gut in den gemischten Gruppen umzusetzen.
Und wie kommt das Projekt bei den Kindern und Jugendlichen an?
Sie arbeiten gut zusammen und sind sehr motiviert, auch weil sie sehr viel frei gestalten können, etwa, welche Geschichte sie zu ihrem Kunstwerk erzählen oder ob sie selbst vor der Kamera stehen wollen. Dass ihre Interessen entscheidend sind, war mir wichtig. Aus meiner Arbeit als Lehrerin weiß ich, dass die Motivation der Kinder und Jugendlichen dann auch über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt.
Wie geht es mit den Filmen weiter?
Im Juli werden die fertigen Filme im Kunstforum vor Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie den beteiligten Künstlern und Fachkräften präsentiert. Sehr gern würden wir 2020 das Projekt in ähnlicher Form noch einmal durchführen. Unsere Idee ist, sämtliche Filme dauerhaft im Museum zu zeigen, in einem besonderen Raum oder auch virtuell – sozusagen in einem Museum, das Kunst für jeden erlebbar macht, also ohne Einschränkungen, ob durch physische oder geistige Beeinträchtigung, Sprache oder Vorbildung. Das wäre mein Traum.