Hier kommt Kunst auf den Tisch
Im Projekt „Im Rausch der Sinne“ fertigen Kinder aus Schwerin im Laufe eines Jahres kunstvolle Objekte für Tisch und Tafel an. Dabei lernen sie Sitten und Bräuche verschiedener Kulturen kennen.
Montagnachmittag im Hort „Future Kids“ im Schweriner Stadtteil Mueßer Holz: Ein Dutzend Kinder erwartet mit Spannung, was Daniela Melzig diesmal an Material und Ideen im Gepäck hat. Seit vergangenem Sommer bringt die Künstlerin den Sechs- bis Zehnjährigen beim gemeinsamen Malen, Drucken und Modellieren Ess- und Tischbräuche verschiedener Kulturen näher. „Wir greifen dabei die kulturellen Ressourcen der Teilnehmenden auf und behandeln Traditionen aus Deutschland ebenso wie aus Syrien, Russland und Japan“, berichtet Daniela Melzig. Gemeinsam mit der Künstlerin hat das Bündnis aus dem Freilichtmuseum für Volkskunde in Schwerin-Mueß, dem Museumsförderverein Klöndör e. V. und dem Hort „Future Kids“ der Kita gGmbH in den vergangenen fünf Jahren bereits mehrere Ferienprojekte für Kinder veranstaltet, die sonst kaum Zugang zu Bildungsangeboten in ihrer Freizeit haben. Nun setzt das Bündnis mit „Im Rausch der Sinne“ erstmals ein Jahresprojekt um.
Lernen mit allen Sinnen
„Essen und Trinken, aber auch das Arbeiten mit Holz, Modelliermasse oder Farbe sind sinnliche Erfahrungen“, erklärt Daniela Melzig den Titel des Projekts. Die Sinne der Kinder werden insbesondere auch zu den Festessen zum Abschluss jeder Themeneinheit angesprochen. Dann kommen die für den jeweiligen Kulturkreis angefertigten Gegenstände zum Einsatz, wie mit orientalischen Motiven bedruckte Kissen oder Schalen aus Ton. Die Feste hat Daniela Melzig passend zu den Jahreszeiten geplant: Im letzten Sommer haben die Kinder eine pommersche Kaffeetafel dekoriert, zur Wintersonnenwende wurden Kerzenhalter hergestellt, zur Kirschblütenzeit gab es eine japanische Teezeremonie. Krönender Abschluss des Projekts wird das Mittsommerfest Ende Juni im Garten des Freilichtmuseums sein: Die Familien der Kinder sind eingeladen, an einer großen Tafel mit schwedischen Spezialitäten zusammenzukommen und die übers Jahr entstandenen Ergebnisse zu bestaunen.
Ein Blick über den Tellerrand
Dafür, dass die Feste ein Gaumenschmaus werden, sorgt auch Ute Hartig vom Verein Klöndör e. V. Die pensionierte Redakteurin engagiert sich seit Bestehen des Bündnisses ehrenamtlich als helfende Hand. Beim Thema Russland brachte sie Konfekt und einen Samowar mit, zu Ostern selbst gebackenen Kuchen. Auch die Exkursionen im Projekt, etwa nach Ludwigslust zur Papiermaché-Manufaktur, begleitet Ute Hartig. „Ich freue mich, etwas Sinnvolles für die Kinder zu tun. Die meisten begegnen in den Projekten erstmals Kunst und Kultur: erleben den ersten Museumsbesuch, die erste schöpferische Herausforderung“, berichtet sie. „Es ist schön, zu sehen, wie sie aufblühen, wie kreativ sie sind und wie ihr Selbstvertrauen wächst.“ Das beobachten auch zwei der Erzieherinnen im Hort, die bei den Kreativprojekten mitwirken: Die Kinder werden selbstbewusster, arbeiten konzentrierter. „Da wir über längere Zeit die gleichen Techniken immer wieder neu anwenden, ist der Lerneffekt sehr nachhaltig“, bestätigt Daniela Melzig. Nebenbei schauen die Kinder wortwörtlich über den Tellerrand – und erfahren, dass gemeinsames Essen über Kulturen hinweg verbindet.