Durch die Fotolinse Geschichte entdecken
Um Kinder und Jugendliche aus der ländlichen Region um Zwickau für ihre Heimat zu begeistern, hat ein Bündnis in Lichtentanne ein besonderes Ferienprogramm auf die Beine gestellt. Fahrdienst, Lagerfeuerromantik und Fotokurs inklusive.
„Wir möchten, dass sich die Kinder mit ihrer Region identifizieren, dass sie erfahren, was für tolle Sachen hier eigentlich passieren“, beschreibt Annegret Welschke vom Kinder und Jugendverein Pleißental e. V. ihr Anliegen. Gemeinsam mit dem Museum Burg Schönfels und weiteren Bündnispartnern hat der Verein im Rahmen von „Museum macht stark“ ein besonderes Projekt auf die Beine gestellt: Unter dem Motto „Mittelalter und Minne – Geschichten, Lieder, Gedichte“ erkundeten 17 Teilnehmende zwischen acht und 16 Jahren in den Sommerferien 2018 eine Woche lang Burg Schönfels und Umgebung. Im Herbst folgte der zweite Teil des Projekts, diesmal unter dem Titel „Blickwinkel Mittelalter“.
Historie und moderne Technik treffen aufeinander
Dreh- und Angelpunkt des Programms war die Familie von Weißenbach, ein altes Adelsgeschlecht, das im 15. und 16. Jahrhundert auf der Burg ansässig war. Dabei trafen Historie und moderne Technik aufeinander: Die Kinder backten Fladen, sangen am Lagerfeuer und erforschten die Familiengeschichte der Burgleute. Außerdem fotografierten sie mit Spiegelreflexkameras und ließen sogar eine Drohne aufsteigen, die Luftbilder vom Gelände schoss. Aus den Fotos wurden selbstgestaltete Wandkalender. Außerdem sind zwei Filme entstanden sowie eine Aufführung, in der die Kinder ihr neu erworbenes Wissen Familie und Freunden vortrugen, natürlich mit Minnegesang und Gedichten.
Wie gut das Projekt bei den Jungen und Mädchen angekommen ist, wird im Film deutlich: „Ich würde es nochmal machen und fürs nächste Mal wünsche ich mir, dass es zwei Wochen geht“, sagt ein Junge. Ein Mädchen war begeistert von Museums- und Burgleiterin Susann Lentzsch, die der Gruppe ein Interview gab: „Sie konnte fast alle Fragen beantworten.“
Eltern kamen erstmals ins Museum
Das Bündnis ist sehr zufrieden mit dem Projektverlauf. Für Susann Lentzsch und Museumspädagogin Susanne Melath ist eine wichtige Erwartung in Erfüllung gegangen: Am Projekt nahmen Kinder und Jugendliche teil, die zuvor wenig außerschulische Angebote kultureller Bildung genutzt haben. „Bisher war es uns kaum gelungen, diese Zielgruppe zu erreichen und als Besucher ins Museum zu bekommen“, so Lentzsch. „Es ist toll, dass das über das Projekt funktioniert hat. Es ist schön zu sehen, wie begeistert die Kinder unser Angebot aufgenommen haben.“ Zumal bei den Ferienprojekten auch die eine oder andere Kammer aufgeschlossen wurde, die normalerweise Besuchern verwehrt bleibt. Was Susanne Melath freut: „Über die Kinder haben jetzt auch die Eltern einen Zugang zum Museum. Die meisten kamen zur Aufführung und einige waren – auf Wunsch ihrer Kinder – inzwischen auch mal privat als Familie hier.“
Verständnis für die Kultur der Region fördern
Für Annegret Welschke ist das Konzept damit aufgegangen: „Speziell im ländlichen Raum brauchen wir eine enge Verbindung der Kinder und Jugendlichen mit ihrer Heimat. Wir wollen doch, dass sie hierbleiben oder nach ihrer Ausbildung wieder zurückkommen. Dazu müssen sie sich wohlfühlen und ein Verständnis für die Kultur ihrer Region entwickeln.“
Logistik war die größte Hürde
Damit das Projekt gelingen konnte, war aber zunächst eine Hürde aus dem Weg zu räumen. „Die Logistik ist bei uns die größte Herausforderung“, so Welschke. „Die Busverbindungen sind lückenhaft. Ohne externe Hilfe ist es gar nicht möglich, die Kinder, die verstreut in den verschiedenen Ortsteilen der Einheitsgemeinde Lichtentanne leben, zum Projektort zu bekommen.“ Die Lösung war ein Busunternehmen, das die Kinder – ähnlich wie ein Schulbus –zu festen Zeiten an vereinbarten Haltestellen einsammelte und sie auch dort wieder ablieferte. Möglich wurde dieser Transport, weil „Kultur macht stark“ auch Fahrtwege fördert. Die Notwendigkeit, mit den Eltern das Abholen und Bringen genau zu besprechen, war für die Bündnispartner ein Gewinn: „So hatten wir gleich den Kontakt zu den Familien“, sagt Susanne Melath.
Im Sommer geht es weiter
Im Sommer 2019 werden wieder Kinder und Jugendliche im Rahmen von „Kultur macht stark“ die Burg Schönfels und ihre Umgebung erkunden. Diesmal anhand der Geschichte der Familie von Römer, die ab dem 18. Jahrhundert auf der Burg lebte. Was wird diesmal anders sein? „Wir schauen etwas weiter über den Tellerrand“, verrät Annegret Welschke. Der Besuch eines Rittergutes, das der Familie gehörte sowie eines Gutes, welches die Familie von Römer jetzt noch bewirtschaftet, ist geplant, um die Verbindung der Geschichte zum Heute noch deutlicher zu machen.