Der Traum vom Musical ist wahrgeworden
70 Menschen brachten das Familienmusical „Naaman“ auf die Bühne. Möglich gemacht haben das die Pastorin Anne Boelter und viele Ehrenamtliche aus Ebersdorf. Sie planen, auch in 2021 ein Musikprojekt für Kinder und Jugendliche auf die Beine zu stellen.
Anne Boelter redet nicht lange um den heißen Brei herum. Sie geht die Dinge effizient an und setzt ihre Vorstellungen tatkräftig um. Ihre Idee: Kinder und Jugendliche bringen ein Musical auf die Bühne, am besten mit Unterstützung aller, also ein „Familienmusical“. „Wir befinden uns im ländlichen Raum. Hier gibt es kaum Kultur und wenig gleichgesinnte Bündnispartner. Gerade deshalb wollen wir kulturelle Angebote machen. Rock- und Chormusik, Theater und Tanz – da bot sich ein Musical an. In unserem Projekt ,Gott und die Welt‘, aus dem u.a. das Musical ,Naamen‘ entstanden ist, haben wir viel ausprobiert und manche Hürde überwunden. Wir mussten improvisieren, aber am Ende haben wir unseren Traum in die Tat umgesetzt. 70 Menschen brachten wir dafür auf die Bühne. Da wir coronabedingt umsteuern mussten, ist ein Musical-Film entstanden. Auf diesem Weg konnten wir sogar noch mehr Publikum erreichen. Was uns stolz macht: Unser Projekt hat Menschen generationsübergreifend in der gesamten Region von Bad Lobenstein und Saalburg-Ebersdorf an der Thüringer Bleilochtalsperre erreicht – und 2021 wird es weitergehen.“
Zusammenspiel von Ehrenamtlichen und Bündnispartnern
Neben den Kindern und Jugendlichen waren auch Erwachsene im Alter bis zu 77 Jahren an dem Projekt „Gott und die Welt“ beteiligt. „Es freut uns, dass der generationenübergreifende Ansatz anerkannt wurde“, erzählt Pastorin Anne Boelter von der Kirchengemeinde Ebersdorf. Ihr ist es gelungen, starke Bündnispartner zusammenzubringen. Dank der Förderung durch Kultur macht stark waren die Musikschule Saale-Orla, das Thüringer Eltern-Kind-Zentrum „ThEKiZ im Haus Gottesschutz“ und die Firma Livesounsmixing von Frank Schmidt im Bündnis dabei. Von November 2019 bis Oktober 2020 ist das Familienmusical „Naaman“ über die Bühne gegangen. Es erzählt eine alttestamentliche Geschichte von Hoffnung in verzweifelter Lage.
Wie ist es Pastorin Boelter gelungen, die Fäden zusammenzuhalten? Ein achtköpfiges Projektteam, bestehend aus Bündnispartnern, zwei ehrenamtlich tätigen Müttern und dem Ehemann von Anne Boelters, hat sich die Verantwortung geteilt. Tillmann Boelter kümmerte sich gemeinsam mit dem Bühnentechniker Schmidt vor allem um Mitmach-Angebote für Jugendliche. Frank Schmidt stellte seine Räume und das technische Equipment teilweise kostenlos zur Verfügung. Dabei hat sich die professionelle Soundtechnik als Magnet für die Teenager erwiesen.
Hauptverantwortliche für die jeweiligen Sparten bestimmt
Im Projektteam wurden für die Sparten Chor, Ensemble, Schauspiel, Technik und Organisation jeweils Hauptverantwortliche bestimmt. Sie kümmerten sich um die Stückentwicklung, Musikauswahl und die Proben, aber auch um Zeitpläne und Flyer für die Öffentlichkeitsarbeit. Katrin Hahnel, deren Tochter im Filmteam dabei war, hat ehrenamtlich die Leitung des Organisationsteams übernommen. Zu ihren vielfältigen Aufgaben zählten die kulinarische Versorgung bei den Proben und Filmaufnahmen, das Herrichten der Räume bei den Aufführungen, die Entwicklung der Kulissen und das Nähen von Kostümen. „Und die Suche nach weiteren Ehrenamtlichen, für die vielen Handgriffe“, schmunzelt Anne Boelter. Warum sich Katrin Hahnel ehrenamtlich engagiert? „Weil es mir wichtig ist, dass es an unserem Wohnort kulturelle Angebote gibt“, lautet ihre Antwort.
So sieht es auch Anne Houdelet, eine weitere ehrenamtlich engagierte Mutter. Ihre Motivation: Menschen zusammenzubringen und gemeinsam etwas zu schaffen, das begeistert. Anne Houdelet leitete zusammen mit Anne Boelter die Theatergruppe. Die Grundschullehrerin interessiert sich für Theaterpädagogik, hatte sogar einen Theaterworkshop im vergangenen Jahr organisiert, der coronabedingt ins Jahr 2021 verschoben werden musste. Sie schildert begeistert, welche Entwicklung ihre jungen Darstellerinnen und Darsteller durchlaufen haben: „Anfangs haben sie herumgealbert, teilweise aus Übermut, aber auch aus Unsicherheit. Nach und nach sind sie selbstbewusster geworden, haben gemerkt, dass sie etwas können, wollten selbst immer besser werden. Das war vor allem für Kinder, die sonst etwa in der Schule oder beim Sport wenige Erfolgserlebnisse haben, fantastisch. Sie standen im Rampenlicht und bekamen Applaus – das hat ihnen unendlich viel bedeutet.“
Wenig erfolgsverwöhnte Kinder fühlten sich geborgen und ermutigt
Der Gemeinschaftsgedanke, das gute Gefühl zusammen etwas auf die Beine zu stellen, hat das Projekt getragen. Anne Boelter berichtet von einem Jungen mit Migrationshintergrund, der in der Schule Mobbingerfahrungen machen musste und sich in der Theatergruppe endlich wieder einmal geborgen fühlte. „Ebenso erging einem Kind, das sich durch Soloparts in seinem Selbstwertgefühl gestärkt gefühlt hat und in seinem Selbstbewusstsein gewachsen ist.“
In 2021 geht es weiter mit „Gott und die Welt“. Gehörte die Aufmerksamkeit im ersten Projekt dem Alten Testament, wird es in diesem Jahr die Lebensgeschichte des Jüngers Petrus sein, dessen Leben das zweite Projekt inspiriert. Es sind übrigens fünfzig Prozent Nicht-Christen, die mitmachen. „Wir alle sind auf der Suche nach Spiritualität, das eint uns“, sagt Anne Boelter. „Die Gruppe hat sich ausdrücklich für ein christliches Thema entschieden – wir sind weder ein Märchen- noch ein Dorftheaterstück.“ Auch die Ehrenamtlichen werden wieder dabei sein. Denn: „Das Beste an unserem Familienmusical ist, dass für jeden etwas dabei ist. Und so viele verschiedene Menschen einen gemeinsamen Weg gehen“, bringt es Katrin Hahnel auf den Punkt.