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Auf zu neuen Welten

Mischa Bach ist preisgekrönte Fernseh-, Theater- und Buchautorin. Und sie ist Autorenpatin für den Nachwuchs. Im Interview erzählt sie von der Workshop-Reihe „Ich nehme dich mit in meine Welt“, bei der Kinder und Jugendliche zu Literaten werden.

Frau Bach, wie sind Sie dazu gekommen, auch als Autorenpatin tätig zu werden?

Ich habe bereits öfter Lesungen und Workshops für Kinder und Jugendliche veranstaltet. Auf die Möglichkeit, eine Autorenpatenschaft im Rahmen von „Kultur macht stark“ zu übernehmen, hat mich Eva Pfitzner vom Leserattenservice aufmerksam gemacht. Sie war ursprünglich meine Agentin für Lesungen und ist stellvertretende Vorsitzende des Friedrich-Bödecker-Kreises im Land Rheinland-Pfalz und in Luxemburg e.V. Die Idee war, eine Schreibwerkstatt in Kooperation mit der Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige in Neuwied zu veranstalten. Das passte perfekt: Ich bin dort geboren und aufgewachsen. Der frühe Kontakt mit Gehörlosen hat mich geprägt, später habe ich die Gebärdensprache erlernt. Das Projekt ist also eine tolle Gelegenheit, Gebärdensprache, Schreiben und Unterrichten zusammenzubringen – und das auch noch in meiner alten Heimat!

Wie gehen Sie bei den Schreibwerkstätten vor?

Grundsätzlich habe ich die Workshop-Reihe so aufgebaut, dass wir den ganzen Weg gemeinsam gehen: von der Idee über die Entstehung der Geschichten bis zur Präsentation des Buches, das dabei entstehen soll. Im März haben wir uns mit der Ideenfindung beschäftigt, im April-Workshop drehte sich alles um die Hauptfigur. Jetzt im Mai werden wir Stilfragen besprechen und für den Juni plane ich eine große Themenkonferenz, bei der wir entscheiden, was am Ende wie ins Buch kommt. Ende August steht dann die Präsentation der fertigen Publikation an. Innerhalb eines Workshop-Tags wechseln wir immer ab zwischen Austausch im Plenum und individueller Arbeit in Gruppen. Diese Mischung finde ich wichtig.

Portrait der Autorin Mischa Bach
© Mischa Bach

Welchen Zugang zu Sprache und Literatur haben schwerhörige oder gehörlose Kinder und Jugendliche?

Generell ist die Lautsprache und damit auch die Schriftsprache für Menschen mit Hörschädigung, insbesondere für Gehörlose, oft etwas, das ganz weit weg ist. Wir Hörenden haben beim Lesen meist eine Stimme im Kopf und damit einen sinnlichen Zugang zu Texten. Für den, der nie gehört hat, sind das nur schwer zu entziffernde Zeichen. Davon abgesehen, ist die Bandbreite bei meinen 13- bis 18-Jährigen enorm. Es gibt einzelne Workshop-Teilnehmer, mit denen kann ich locker über Shakespeare diskutieren, anderen ist der Gedanke, dass man Geschichten einfach erfinden kann, völlig fremd. Einige, die mitmachen, haben keinen Regelschulweg hinter sich. Viele hatten bisher kaum Gelegenheit, sich mit literarischen Texten zu beschäftigen und die eigenen kreativen Möglichkeiten zu entdecken. Auch sie auf dem Weg mitzunehmen, ist eine Herausforderung, aber auch unser Anspruch, denn sie sind mit großer Neugier und Freude dabei.

Was sind die Chancen dieses Projekts – für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, aber auch für Sie und die Bündnispartner?  

Die jungen Menschen lernen eine ganz neue Seite an sich kennen. Das kreative Arbeiten bietet ihnen die Möglichkeit, sich selbst auszudrücken. Einige machen dadurch die Erfahrung: Ich kann etwas, das ich vorher nie gedacht hätte. Meine Hoffnung ist, dass sie sich dadurch auch in anderen Bereichen mehr zutrauen, auch später im Beruf. Ich hoffe außerdem, dass für sie die Hemmschwelle zur Literatur sinkt, weil sie jetzt wissen, wie Bücher entstehen. Für mich persönlich ist das Projekt eine Chance, über einen längeren Zeitraum intensiv mit einer überschaubaren Gruppe von Teilnehmenden zu arbeiten. Außerdem finde ich die Idee, sich bei „Kultur macht stark“ in Bündnissen zusammenzufinden, sehr schön. Dadurch, dass man gemeinsam etwas Neues aufbaut, erweitert auch jeder der Bündnispartner ein Stück weit den eigenen Horizont. 

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Im Rahmen der Initiative „Wörterwelten. Autorenpatenschaften II – Literatur lesen und schreiben mit Autor*innen“ gründen die Friedrich-Bödecker-Kreise e.V. mit lokalen Partnern Bündnisse für Bildung, die gemeinsam „Autorenpatenschaften“ organisieren. Dabei führen professionelle Autorinnen und Autoren bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche von drei bis 18 Jahren an das Lesen und Schreiben literarischer Texte heran.
Interessierte Akteure auf lokaler Ebene, zum Beispiel Bibliotheken, Literaturhäuser oder Jugendclubs, können sich beim Bundesverband oder dem jeweiligen Landesverband melden, um die Möglichkeiten der Gründung eines Bündnisses vor Ort zu klären.