Auf kreative Weise die eigenen Rechte kennenlernen
In Ferienworkshops mit dem Titel „Du hast RECHT!“ in Hagen lernen Grundschulkinder ihre Rechte kennen. Dieses neue Wissen inspiriert die Sechs- bis Zehnjährigen zum künstlerischen Umgang mit dem abstrakten Thema – in Fotografie, Street Art und Musik.
Wie man abstrakte Themen schon Kindern im Grundschulalter vermittelt, zeigt das Projekt „Du hast RECHT!“ im nordrhein-westfälischen Hagen. Mit Fotografie, Graffiti, Musik und einer Kinderrechte-Reise vermitteln Christof Becker von der Caritas in Hagen, der Schauspieler Ghandi Chahine, der Rapper Germain Bleich, der Street-Art-Experte Steffen Peter und die Erzieherin Kayi Schlücker spielerische Zugänge zu den Verhaltensnormen unserer Gesellschaft. Sechs- bis Zehnjährige lernen nicht nur ihre Rechte kennen, sie unterstützen sich untereinander bei der Entwicklung von Ideen und erfahren so, wie gut es sich anfühlt, von einer Gruppe getragen zu werden.
Mithilfe der Förderung durch das Programm „Party-cipation“ des Deutschen Kinderhilfswerks werden die außerschulischen Ferienprojekte „Du hast RECHT!“ in verschiedenen Stadtteilen ermöglicht. Im vergangenen Jahr haben Christof Becker und seine Kollegen drei Gruppen an Hagener Grundschulen in den Stadtteilen Boelerheide, Spielbrink und Hohenlimburg begleitet. In diesen Stadtteilen leben viele Familien, die in einer schwierigen ökonomischen und sozialen Lage sind. Über die Caritas, die an verschiedenen Hagener Grundschulen die offene Ganztagsbetreuung koordiniert, sind die Bündnisse, zu denen neben den jeweiligen Schulen auch der Hagener Kulturtreff „Kultopia“ zählt, entstanden. Sie gewähren einen direkten Zugang zu den Kindern und Jugendlichen.
„Geplant war ursprünglich, mit den Kindern aus den jeweiligen Grundschulen direkt das Kulturzentrum zu besuchen, um dort das technische Equipment zu nutzen. Auch wollten wir unsere Ergebnisse auf einer Abschlussveranstaltung im Kultopia zeigen“, berichtet Christof Becker. Coronabedingt mussten diese Pläne geändert werden, alle Beteiligten zeigten große Flexibilität.
Technik aus dem Kulturzentrum in die Schule gebracht
„Wir haben dann die Technik aus dem Kulturzentrum in die Schule gebracht. Immerhin waren wir froh, dass wir vor Ort mit den Kindern arbeiten konnten und nicht auf digitale Angebote umswitchen mussten“, schildert Christof Becker. Es gab strenge Auflagen, unter anderem eine maximale Gruppengröße von zehn Kindern, und die strenge Anweisung an die Kinder, in den Pausen unter sich zu bleiben. Als kleiner Trost für die abgesagte Abschlussaufführung diente immerhin eine CD, für die die Kinder eigene Lieder aufgenommen haben.
Bei der Ausgestaltung des Ferienworkshops hat das Kreativ-Quintett bewusst auf spielerische Zugänge gesetzt. „Wir können mit Grundschulkindern keine Texte zu Kinderrechten erarbeiten“, beschreibt Christof Becker. „Wir kommen über Ratespiele dazu mit ihnen ins Gespräch, wir ermuntern sie, eigene Vorstellungen und Ideen zu entwickeln.“ Am Ende wissen die Jungen und Mädchen, dass sie unter anderem ein Recht auf Bildung haben, auf gesundes Essen und darauf, ihre Meinung frei zu äußern.
Rap-Verse, Graffiti-Kunst und lustige Fotos
Gleichzeitig wird im Workshop auch das Rhythmusgefühl der Kinder trainiert. Sie verfassen kurze Rap-Reime, probieren sich im Texten aus und üben das Sprechen oder Singen mit Mikrofon. „Neben dem coolen Gesang übt das Graffiti-Sprühen eine große Faszination aus“, berichtet Christof Becker. Der Fotograf, Typograf und Kommunikationsdesigner lässt die Kinder anfangs „Quatschfotos“ machen und versorgt die Teilnehmenden dann mit konkreten Tipps zu Bildaufbau und Perspektive. „Die kreativen Zugänge funktionieren ausgezeichnet“, weiß Christof Becker. „Alle Kinder beteiligen sich aktiv an der Debatte. Für uns ist immer schön zu beobachten, wie bei der Entwicklung der Fotografien, der Gestaltung der Graffiti und der Erarbeitung des Musikstücks das Miteinander gefördert wird. Wenn die Kinder sich gegenseitig unterstützen, absprechen und auf ein gemeinsames Vorgehen und Ergebnis einigen, ist das Demokratie pur – getragen durch Diskussion und Kompromiss.“
Für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen ist es auch immer wieder interessant, welche Themen die Kinder selbst einbringen. „Familie“ spielt oft eine große Rolle, etwa wenn nur ein Elternteil sich um das Kind kümmert. Auch die Themen „Krieg“ und „Flucht“ interessieren die Kinder. Dass es ein Recht auf „Schutz vor Gewalt“ gibt, finden sie gut. „Das leuchtet allen unmittelbar ein“, erzählt Christof Becker. „Dass sie als Kinder allerdings auch ein Recht auf den Schulbesuch haben, müssen wir erläutern.“